6. Gebot: Du sollst dich erholen, regenerieren und zu neuen Kräften kommen!
An Tagen, an denen ich mich einigermaßen gut fühle, benötige ich
keine Regeneration, da fühle ich mich stark genug, den auf mich
zukommenden Anforderungen mit erhobenem Kopf entgegenzutreten. Doch
manchmal gibt es diese Regentage in mir, da wache ich bereits müde auf.
Keine Spur von ausgeruht und Tiefdruckwetter in mir, soweit mein
inneres Auge reicht, und es fällt mir an solchen Tagen tatsächlich
schwer, aus dem Bett zu steigen. An solchen Tagen ist Regeneration
angesagt. Im Bett zu bleiben wäre alles andere als gut für mich. Auch
nicht, mich nach dem Aufstehen in einen Lehnstuhl zu setzen und vor
mich hinzudösen, das würde mich vermutlich nur noch müder machen. Also
hinein in die Klamotten und ab zu einem meiner wichtigsten
Regenerations-Spender in den Wald, so wie ich das im Kapitel "Bewegung"
bereits beschrieben habe, wobei ich an solchen Tagen allerdings vor
allem darauf achte, mich keinesfalls anzustrengen, sondern vielmehr
meine Seele mit dem Erlebnis "Wald" zu erfreuen.
Angenehm ist für mich diese Art meines Regenerationsprogramms vor
allem dann, wenn mir dabei nicht zu viele Menschen begegnen. Irgendwie
schauen die immer etwas komisch, wenn ich anders als die übrigen Jogger
durch die Gegend laufe. Aber ich lächle zumeist, wenn ich
irgendjemandem begegne. Das ist weitaus die beste Art, mit Menschen
umzugehen. Auch die Hunde lächle ich an und bemühe mich auch dann ganz
normal weiterzulaufen, wenn mir eher nach Stehenbleiben zumute ist,
weil der Köter groß ist und gespannt in meine Richtung blickt, während
sein Herr gemächlich hinter ihm drein wandert. Natürlich ohne Leine,
die hat der Mann oder manchmal auch die Frau umgehängt, denn der Hund
braucht wohl auch ein bisschen Freiheit - zumindest scheinen das die
jeweiligen Besitzer so zu sehen.
Weil ich in einer ländlichen Gegend
unterwegs bin, in der es durchaus noch Brauch und Sitte ist, Menschen
bei Begegnungen an Wanderwegen zu grüßen, so grüße ich zumeist
freundlich. Auch an meinen Schlechtwetter-Tagen. Es ist besser, höflich
als grantig zu sein, sagt mir meine innere Stimme.
Herrlich, dieses Abschütteln der Müdigkeit und vielleicht auch der
schwarzen Gedanken, die mir doch einige Zeit mein Leben vergällten und
sich womöglich schon wieder Hoffnung machen, bei mir einen Fuß in die
Tür zu meiner Seele klemmen zu können, um hineinzukommen. Was an und
für sich nur bei Gemüts-Regentagen möglich ist. Worauf meine innere
Stimme mir eindringlich zuruft: "Lass die nur ja nicht in dir
hochkommen! Entferne sie sofort!", wie die Bäuerin das Unkraut aus
ihrem Gemüsegarten jätet - gleich nach dem Entdecken.
Lassen wir dieses Thema, kommen wir zurück zur Regeneration. Dieses
herrlich freie Dahintraben, dieses wunderbare Gefühl von Zwanglosigkeit
in mir, ohne merkbare Schmerzen, weder im Kreuz noch an den Beinen. Ich
hab echt Glück in dieser Hinsicht und hab meinen stabilen
Bewegungsapparat von einigen Vorfahren vererbt bekommen, diesen
Naturmenschen aus dem tiefen Tann. Da überlebten echt nur die
körperlich Robusten. Glücklich der, der so eine Erbschaft mit in sein
Leben bekommen hat. Das ist mir lieber als einen messerscharfen Geist
zu besitzen, jedoch morsche Knochen.
Aber aussuchen kann es sich
keiner! Noch nicht! Das könnte sich allerdings ändern, wenn erst einmal
drauflosgeklont wird. Vielleicht kann man sich dann die bestmögliche
Mischung wünschen. Allerdings wirklich nur Betuchte mit den Jachten,
den Prunkbauten und dem Mammon in Millionenhöhe. Es dürfte jedoch noch
ein Weilchen dauern, bis es tatsächlich so weit ist.
Aber wenn es
schließlich machbar wird, dann kommt die Rasse der Erfolgsmenschen:
groß, stark, tatkräftig, mutig, temperamentvoll, mit blendendem
Aussehen, total über den Dingen stehend und mit Nervensträngen aus
Stahl. Dazu ein Geist, sprühend wie der Himmel mit unzähligen
Sternschnuppen in einer sternklaren Nacht und, sofern gewünscht,
Gefühlen, tiefer als das Meer an seinen tiefsten Stellen im Pazifik.
Aber es werden dazu auch Wesen mit niedergeschlagenen Augen und
demutsvoll gebeugtem Rücken gestaltet werden müssen. Wer würde sonst
die Drecksarbeit verrichten, wer den Strahlemenschen alles zum Arsch
tragen?
An meiner Bank, außerhalb des Waldes angekommen, setze ich mich
entspannt auf die Bretter, strecke Arme und Beine von mir und lass
meinen Blick in die Gegend schweifen. Herrlich, diese Natur. Im
Frühling dieses Duften und Grünen und das Hervorquellen des Lebens aus
dem Erdreich. Dieses Werden und Entstehen und manchmal meine ich, echt
das Gras wachsen zu hören. Oder im Sommer, wenn das Grün satt an den
Bäumen hängt, die Wiesen kurz vor dem Abmähen in einer Blütenpracht ihr
Sonntagskleid präsentieren und der Bussard sich vom Sommerwind durch
die Luft tragen lässt. Dann genieße ich diese energiegeladene Stille
und ich fühle mich plötzlich so gut wie der soeben an mir
vorbeischwebende Schmetterling sich eventuell fühlen könnte.
Kann eine halbe Stunde in der Natur tatsächlich eine derartige
Veränderung in mir bewirken? "Sei vorsichtig, Hermann, und bewahre dir
diese Gefühle für die nächsten Stunden!", ruft mir meine innere Stimme
zu und ich nicke dazu innerlich. Den Rückweg genieße ich im leichten
Trab und jeder Baum, jeder Strauch, der Geruch von Erde und Laub,
Pflanzen und morschem Unterholz ist für mich Erholung und Regeneration
- wenn ich meinen Blick daran weide oder meine Nase die Düfte in sich
saugt. Aber nicht immer laufe ich durch den Wald, manchmal genügt mir
dazu ein lockerer Gang durch all diese Herrlichkeiten in dieser
Atmosphäre von Entspannung und Ruhe.
Eine weitere sehr gute Möglichkeit, mich vor allem innerlich zu
erholen und zu regenerieren, ist, wenn ich mich zu Hause in mein
Doppelbett lege, den Polster hinter mir an der Wand aufstelle und ich
damit nicht gänzlich ausgestreckt daliege und - Klänge mir angenehm
erscheinender Musik in mich fließen lasse.
Für mich ist Musik
wohl eine der allerschönsten Künste, die der Mensch geschaffen hat, und
manchmal scheint sie mir zu sein wie die Sonne, wenn sie sich den Weg
durch den Herbstnebel bahnt und ihre Strahlen wohlig warm auf uns
wirft. Wobei ich zum Regenerieren eher Klassisches bevorzuge, das
durchaus mit menschlichen Stimmen untermalt sein kann. Da kehrt Ruhe in
mir ein, da durchströmt mich ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit und
meine Nerven entspannen sich, wie wenn sie mit einem wunderbaren Balsam
behandelt werden würden.
Ganz besonders genieße ich es hin und wieder eine Woche ans Meer zu
fahren, mich zu erholen und dabei neue Kräfte zu tanken. Dafür nehme
ich sogar eine längere Anfahrt mit dem Auto in Kauf. Allerdings
versuche ich Staus nach Möglichkeit aus dem Weg zu gehen, indem ich den
Zeitplan der An- und Abreise so wähle, dass nur wenig Verkehr zu
erwarten ist.
Ob eine Anreise mit dem Zug oder dem Flieger innerhalb
der nicht allzu weit entfernt liegenden klassischen Urlaubsländer
Europas wesentlich erholsamer ist, wage ich zu bezweifeln, sofern man
alle damit verbundenen Unannehmlichkeiten mit einbezieht. Die Fahrt zum
Bahnhof oder zum Flughafen, eventuell das Parkproblem bei Flugreisen
oder die Kosten für den Transfer, das Kofferschleppen, die
Ticket-Reservierungen, das Gedränge auf Bahnhöfen und Airports, die
damit einhergehenden Wartezeiten, die Hektik der Mitreisenden und der
Lärm der schnatternden Menge. Ich setze mich lieber gemütlich ins Auto,
drehe das Radio auf angenehme Lautstärke, orientiere mich am
Verkehrsfunk und fahre gemächlich los, ohne allerdings
dahinzuschleichen, wie man das vor allem bei Senioren immer wieder
sieht.
Was so eine Fahrt sogar in einen Bereich von Erholung bringen
könnte, das sind Pausen an Parkplätzen oder Raststätten. Ein guter
Schluck, einige Bissen in die Kehle, ein wenig Bewegung und weiter geht
es mit frischen Kräften. Was natürlich ein gewisses Maß an Zeit für
eine längere Reise erfordert. Mit eingeplant sollte das allerdings kein
Problem sein.
Sobald ich das erste Blau an meine Augen dringen sehe,
kurble ich zumeist das Fenster tiefer und beginne bereits, den Duft des
Meeres zu verspüren. Wenn dies auch noch nicht wirklich möglich ist, so
bilde ich mir zumindest bereits in dieser Phase ein, am Beginn meines
Erholungs-Programms zu stehen.
Um mich nicht nur körperlich, sondern auch geistig-seelisch erholen
zu können, muss die Quartierfrage bestmöglich gelöst sein, denn die
Qualität der Erholung hängt bei mir sehr wohl auch vom Quartier ab,
wozu ich mich nach einer ruhigen Lage, einem hellen, freundlichen
Zimmer mit Balkon und Ausblick zum Meer umsehe. Das bringt manchmal ein
bisschen Aufwand mit sich, doch dieses Suchen hat auch den Vorteil,
damit die Gegend kennenzulernen.
Was letztendlich tatsächlich Erholung bringt, das wird bei jedem
verschieden sein. Mir bringt es viel, die Nacht mit zumindest einigen
ruhigen Stunden verbringen zu können und tagsüber die Atmosphäre am
Meer in mich einwirken zu lassen. Eine wunderbare Ruhe erzeugen bei mir
ans Ufer rauschende Wellen und die nach Meer riechende Luft, die ich
ganz bewusst in mich sauge. Dazu kommt das Blau des Himmels, der
besonders schön für mich ist, wenn einige Wolken dieses Blau noch
zusätzlich bereichern und Möwen sich vom Wind übers türkisfarbene
Wasser tragen lassen. Natürlich genieße ich die wärmenden Strahlen der
Sonne vor allem am Morgen und an den Nachmittagen, das Ruhen im
Schatten duftender Bäume, wenn die Sonne mit ihren Strahlen die Gegend
überflutet und ich den Hauch des Windes über mich hinwegziehen lasse,
meine Augen sich am Anblick manch hübschen weiblichen Wesens erfreuen
und ich meinen Gedanken freien Lauf lassen kann.
Es wäre vermutlich zu eintönig, würde ich weitere Details anführen
oder ausführlich von erholsamen Winter-Urlauben berichten. Mit Stapfen
durch den Schnee, wenn die Flocken lautlos vom Himmel segeln, einer
Kutschenfahrt über die tief verschneite Landschaft mit ein bisschen
Schifahren, dem gemütlichen Sitzen bei einem Becher Glühwein oder dem
Betrachten der Schneekristalle, wie sie tausendfach im Sonnenlicht
glitzern. Winterurlaube können noch erholsamer sein als Sommerurlaube.
Vielleicht ist das deshalb so, weil die Tage kürzer und die Nächte
länger sind und wir mehr Zeit zum Ausruhen dabei haben - zum Schmökern
in einem Buch, zum Genießen wohltuender Wärme, die womöglich ein
Kachelofen ausstrahlt, oder weil wir uns am Abend in die Sauna
zurückziehen und spüren, wie wohl diese Stunden der Ruhe uns tun.
Herrlich sind auch Wanderurlaube im Herbst, wenn der Wald sein
buntestes Kleid angelegt hat, ganz sanft die Nebel hochsteigen und die
Luft rein und klar ist wie der Himmel über uns. Wandern, sich in der
Natur bewegen und dabei das Vergehen in Wald und Feld beobachten, die
letzten Blüten, das Einbringen der Ernte am Bauernhof, die zumeist
fröhlichen Menschen, die mit Festen für diese Ernte danken und dazu das
Bimmeln der Glocken an den Hälsen der sich auf den Weiden befindlichen
Rinder. Ein echter Ohrenschmaus für meine Seele und von ebensolchem
Erholungswert wie dies für manche von uns eine Kunstreise mit
Besichtigung der einen oder anderen Sehenswürdigkeit bewirken mag oder
ein Flug in exotische Länder - um Nebel, Kälte und Finsternis in den
Wintermonaten den Rücken zu kehren.
Weil Ruhe, Entspannung, Erholung und Regeneration für unser Aussehen
und unser Wohlbefinden so wichtig sind, will ich hier speziell von
jenem Ereignis berichten, das mir immer wieder jede Menge an
Regeneration bringt und mir neue Energie zuführt, wenn ich meinen
Körper, meinen Geist und meine Seele ganz bewusst mit ein, zwei Tagen
in der Therme beschenke.
Bei der Kassa lasse ich meine Uhr für
Eintritt, Sauna und Kästchenbenützung aufladen, verstaue meine
Straßenkleidung im Garderobekästchen, suche mit Bademantel, Badehose
und meiner Tasche einen geeigneten Liegestuhl und ab geht es ins
Thermal-Becken. Herrliche 36 Grad verwöhnen ebenso meinen Körper wie
dies Massagedüsen in allen möglichen Varianten machen. Düsen für meine
Füße, Düsen für das Kreuz bis hinauf zum Nacken. Wenn dazu die
Abendsonne ihre Strahlen zu mir herwirft, weil ich manchmal erst um 16
Uhr mit dem ermäßigten Nachmittags-Eintritt die Thermen-Region
aufsuche, dann schließe ich bewusst meine Augen, lass den Wasserstrahl
an alle massagewürdigen Stellen meines Körpers heran, vernehme das
angenehme Rauschen des Wassers und gebe mich ganz dem Genuss hin.
Gerne
beobachte ich dabei eher unauffällig die Gesichter der Badegäste und
versuche, ihren jeweiligen Gemütszustand zu ergründen. Sehe Dicke und
Dünne, Große und Kleine, hübsch Anzusehende und auch solche, bei denen
ihr Äußeres nicht gerade unseren Schönheitsidealen entspricht. Wahrhaft
eine bunte Vielfalt der verschiedensten Menschentypen und
Menschenformen. Doch alle wollen dem Alltag für einige Stunden den
Rücken kehren, genießen und sich erholen.
Sofern ich den ganzen Tag bei meinen Thermen-Aufenthalten einplane,
wechsle ich vom Thermalbecken zur Liege, ruhe, begebe mich
zwischendurch ins Sportbecken, schwimme einige Längen und wechsle
danach wieder ins Thermalbecken, wo ich mir das Wasser auf Kopf und
Nacken prasseln lasse oder mich in eines der Sprudelbecken lege.
Irgendwann hab ich genug von den Düsen und vom warmen Wasser und es
ist an der Zeit, mich in die Saunalandschaft zu begeben. Ich sage hier
ganz bewusst Sauna-Landschaft, denn es sind viele verschiedene
Möglichkeiten vorhanden, wo ich mir Gutes in Form von Wärme und
Entspannung zukommen lassen kann. Nachdem ich mir in einem der
Ruheräume einen geeigneten Platz gesucht hab, beginne ich zumeist im
Sole-Dampfbad. Die bereits in diesem Oval Sitzenden sind durch den
Dampf kaum zu erkennen und leise dringt Entspannungs-Musik an meine
Ohren. Dazu leuchtet ein Salzstein goldig-rot durch den Nebel. Ganz
bewusst sauge ich den Dampf in mich, genieße die Wärme der Fliesen und
die nicht zu große Hitze, schließe zwischendurch die Augen und spüre
ganz intensiv, wie sich diese Atmosphäre wohlig in mir ausbreitet.
Natürlich könnte ich noch von all den anderen Einrichtungen
berichten, vom Kräuterdampfbad, von der Bio-Sauna mit den verschiedenen
Lichtern und der wunderbaren Wärme, von der heißen finnischen Sauna mit
den Aufgüssen, wenn mir das Heiß beinahe den Atem raubt oder den zwei
Garten-Saunen, der wunderschön ausgefliesten Römer-Sauna mit der
einschmeichelnden Entspannungsmusik, der angenehmen Wärme und den
unzähligen winzigen Lichtern an der Decke, die ständig ihre Farbe
wechseln. Dem Kaltwasserbecken zum Abkühlen nach Hitze-Anwendungen, der
Erlebnisdusche mit Kräuterdüften, in warm und kalt sprühend gehalten,
der Kneipp-Anlage für die Beine oder dem Becken mit Heißwasser und den
Düsen darin, in das ich mich begebe, wenn mir wieder einmal nach Wasser
und Massage zumute ist. Manchmal setze ich mich in die Infrarot-Kabinen
und lasse dort die Wärme an mich heran.
Doch immer wieder begebe ich
mich für etliche Minuten der Entspannung in den Ruheraum, gieße
verlorene Flüssigkeit nach, stecke dazu den einen oder anderen Bissen
in meinen Mund und erfreue mich an der wohltuenden Ruhe in so einem
Raum. Mit nur leisem Murmeln der Anwesenden oder beinahe gänzlicher
Stille. Wobei ich sehr oft nicht nur vor mich hindämmere, sondern dann
und wann tatsächlich für etliche Minuten wegschlummere.
Manchmal genieße ich allein. Ganz bewusst, weil ein Thermenbesuch zu
zweit doch mit gegenseitiger Rücksichtnahme und etlichen Gesprächen
verbunden ist. Doch der Mensch an und für sich ist ein Herdentier und
fühlt sich in angenehmer Gesellschaft besonders wohl. Deshalb wähle ich
dann und wann auch die Form des Miteinander-Genießens, wobei die
Zweisamkeit den Genuss in manchen Bereichen durchaus noch erhöhen kann.
Zum Genießen gehört dabei für mich auch ganz allgemein die beinahe
ansteckende Stimmung, wenn die Menschen rund um mich versuchen,
Gesundheit zu tanken und in dieser Atmosphäre ganz augenscheinlich
Behagen und Wohlbefinden ausstrahlen. Und wenn ich dazu noch auf
"meinem" Bauernhof übernachte, wo ich die wunderbare Gastfreundschaft
der Bauersleute genieße, dann merke ich nach solchen
Thermen-Aufenthalten, dass ich damit meine Speicher für Erholung und
Regeneration wieder gut gefüllt habe und ich entspannt den nächsten
Tagen entgegensehen kann.
Die für unsere Gesundheit, unser Aussehen und unsere Regeneration
vielleicht wichtigste Funktion hat der Schlaf. Er ist dazu ausersehen,
uns nach etlichen Stunden des Energieverbrauchs wieder mit neuen
Kräften zu versorgen. Aber das wissen wir ja so alle. Und doch will ich
auch dazu einige Gedanken von meiner Seite bringen und ganz zuerst ein
bisschen von meiner eigenen Schlafsituation berichten. Zum Glück
schlafe ich in den meisten Nächten einigermaßen gut. Doch es gibt auch
die andere Situation - Nächte, in denen ich bei weitem nicht so gut
schlafe und am Morgen eher müde denn erholt aus dem Bett steige.
Die erste Ursache für einen schlechten Schlaf ist bei mir nicht auf
bestimmte Mondphasen zurückzuführen, das hab ich beobachtet und in
meinem Tagebuch festgehalten. Ich schlafe bei Vollmond genauso gut oder
genauso schlecht wie an Tagen, wo der Mond im Zu- oder Abnehmen ist
oder die Phase des Neumondes erreicht. Also kein Mondproblem, wie das
ganz bestimmt manche Menschen haben werden. Viel eher ist es ein
Problem der Wärme, ja manchmal auch der Hitze. Ist ja klar, mögen sich
manche jetzt denken. In einem zu warmen Schlafzimmer kann nur selten
einer gut schlafen, das weiß doch jedes Kind. Die Temperatur in meinem
Schlafgemach ist jedoch eher in einem Bereich angesiedelt, wo mir
bestimmt nicht übermäßig warm werden kann. Wie kommt es dann zu dieser
Überhitzung?
Die Hitze in meinem Körper entsteht in etwa so wie die
Hitze in einem Kachelofen, in dem man ein behagliches Feuer entzündet
und danach das eine oder andere Holzscheit legt. Das erzeugt Wärme und
je mehr man von diesen Holzstücken ins Feuer legt, desto mehr Hitze
wird man erhalten und desto länger wird das Feuer anhalten. Dasselbe
gilt für mich: Ein Zuviel an Speisen am Abend in mich gesteckt und ich
hab mein Problem. Vor allem, wenn es sich dabei um schwer Verdauliches
handelt. Doch wie beinahe überall im Leben gibt es auch das Gegenteil
dazu: die Kälte. In diesem Fall den Hunger, und wenn ich mit leerem
Magen zu Bett gehe und aus diesem Grund in der Nacht mit einem
Hungergefühl aufwache, dann raubt mir auch das den Schlaf.
Vor allem ältere Menschen klagen häufig über Schlafstörungen und
oftmals sind Sorgen, wie sie das Leben ganz einfach mit sich bringt,
die Auslöser. Wir machen uns Gedanken darüber, wie alles weiterlaufen
soll, wohin sich unser Leben noch entwickeln wird und was in nächster
Zeit alles auf uns zukommen könnte, betreffend das Altern, das
Aussehen, die Attraktivität dem anderen Geschlecht gegenüber, die
Gesundheit, finanzielle Gegebenheiten, den Werdegang der Kinder. Um nur
einige dieser Sorgen zu nennen.
Doch es gibt auch die andere Seite der
Sorgen - die positiven mit den dazugehörigen Gedanken, wie ich das ja
bereits im Kapitel "Nahrung für unseren Geist" beschrieben habe und uns
dabei unsere Gedanken mit einer Art Vorfreude aufwühlen. Auch dann ist
es vermutlich für einige Zeit vorbei mit dem Schlafen. In letzter Zeit
genieße ich diese positiven Schlafstörer sogar irgendwie. Ist doch
schön, wach im Bett zu liegen und der Seele erfreuliche Zukunftsbilder
vor die Füße zu legen. Dieses Malen vieler schöner Gedanken lässt mich
irgendwann wieder friedlich einschlummern und ich brauche nicht zu
Lesbarem zu greifen oder womöglich sogar den Fernseher anzustellen - wie
das durchaus Menschen machen, denen der Schlaf wegen irgendwelcher
Umstände abhanden gekommen ist.
Kommen wir
als Abschluss dieses Kapitels zur Ruhe und lassen Sie mich auch dazu
einige Worte anbringen. Wie herrlich ist es doch, mich nach einem
anstrengenden Tag an einen Ort der Ruhe zurückzuziehen und dort diese
Ruhe in mich einfließen zu lassen. Doch das gilt wohl für uns alle,
wenn wir irgendwo ein ruhiges Plätzchen aufsuchen - ohne Störfaktoren,
ohne lärmende Kinder, ohne Telefon, ohne Eindringen von andern Menschen
in diese Oase der Ruhe. Oder wir machen einen Spaziergang in der Natur,
einen Rundgang um einen Gebirgssee oder einen Gang durch den
verschneiten Winterwald. In all diesen Bereichen handelt es sich um
örtliche Ruhe und an solchen Orten kann ich mich relativ schnell in
mich zurückziehen und eine innere Ruhe aufbauen und einfangen. Vor
allem dann, wenn es mir vergönnt ist, diese Ruhe tatsächlich für
längere Zeit in mir einwirken zu lassen. Zumindest jedoch so lange, bis
ich einen merkbaren Effekt verspüre.
Dazu ein Beispiel. Ich war
ungefähr 50 Jahre alt und hatte mich kurz zuvor beruflich selbständig
gemacht und organisierte Busreisen nach Salzburg. Doch im Winter gab es
dazu nur die Vorbereitungen für die nächste Reisesaison. Von
irgendetwas musste ich aber leben, deshalb heuerte ich ab Weihnachten
am Tauern als Schilehrer an. Was hat das mit Ruhe zu tun, werden sich
vermutlich jetzt einige Leser fragen. Das Schilehrer-Dasein bringt doch
eher das Gegenteil mit sich. Stimmt. Doch an diesem Tag erlebte ich
etwas, was ich noch nie zuvor so intensiv in mir verspürt hatte.
Ich war schon als Kind sehr lebhaft, für viele meiner Zeitgenossen
vielleicht zu lebhaft, zu übermütig, zu ausgelassen. Ein schrecklicher
Typ vor allem für Menschen, die Ruhe und Besinnlichkeit liebten. Nach
diesen Dingen sehnte ich mich in meinem späteren Leben sehr oft und am
liebsten hätte ich mich manchmal weit weg nach Tibet in ein Kloster
begeben, um dort als Mönch mein Dasein zu fristen, mich von Wasser und
Brot zu ernähren, Gebete zu sprechen, zu meditieren oder den Chorälen
anderer Klosterinsassen zu lauschen. Wahrscheinlich sehnte ich mich
sozusagen als Ausgleich zu meinem unruhigen inneren Wesen nach diesen
Orten der Ruhe und Besinnlichkeit und ganz speziell auch nach diesem so
wohltuenden Gefühl von innerer Gelassenheit - wie ich das an diesem
Wintertag erleben durfte, als ich mich nach einem anstrengenden Tag von
meiner Gruppe verabschiedete und ein letztes Mal mit dem Sessellift
hochfuhr.
Es schneite leicht, ich war allein am Sessel, vielleicht war
ich wirklich bereits der letzte Benützer. Vorbei ging es an Latschen,
die ihr Grün nicht nur im Sommer, sondern auch im Winter durch die
Landschaft leuchten lassen. Ich saß entspannt auf dem Sessel, etwas
zusammengekauert und müde von einem Tag voll Schilehrertätigkeit und
sah einigen Bergdohlen zu, wie sie sich vom Wind durch die Luft tragen
ließen. Ruhig ging mein Atem und plötzlich trug mich eine Welle voll
Ruhe und Glück dahin, so wie ich das wohl noch nie zuvor in meinem
Leben so extrem verspürt hatte.
Für vier, fünf Minuten genoss ich diese
wunderbare Ruhe in mir, während die Schneeflocken sanft vom Himmel
segelten. Dann näherte ich mich der Bergstation und gleich darauf
musste ich den Bügel hochheben und fuhr mit meinen Schiern hinaus,
winkte kurz zum Liftwart hin und schwang drei, vier Bögen hinab an den
Pistenrand. Dort blieb ich stehen und horchte in mich. Das Gefühl der
Ruhe war tatsächlich noch da, aber nicht mehr so stark wie zuvor und
ich wollte es wieder aktivieren, zurückholen. Doch dieses wunderschöne
Gefühl in mir verebbte mehr und mehr und ich war wieder der "Alte" ...
Wie
schrecklich dazu ist doch der so peinigende Zustand von innerer Unruhe
und Nervosität, oftmals verbunden mit Angst und Unsicherheit, den ich
manchmal in meinem Leben über mich ergehen lassen musste. Nicht nur bei
Prüfungen, auch in vielen anderen Situationen, bei denen meine Hände
feucht wurden, meine Wangen glühten und es mir den Schweiß unter den
Achseln hervortrieb, als wäre dort der Ursprung einer Quelle. Ein
schrecklicher Zustand und nicht mit dem Willen vertreibbar. Im
Gegenteil, damit hab ich dieses äußerst unangenehme Gefühl nur noch
verstärkt.
Es ginge zu weit, all meine Gedanken dazu hier niederzuschreiben.
Dazu bräuchte ich wohl Tage, ja vielleicht sogar Wochen und ich
fürchte, außer Verwirrungen könnte nichts wirklich Brauchbares dabei
herauskommen, weil ich dabei vom Hundertsten ins Tausendste kommen
würde. Allein, wenn ich die verschiedenen Situationen beleuchten
müsste, in denen ich so oder anders empfunden hab. Und doch - ich weiß,
dass ich diese Zustände begünstigen, wenn nicht sogar hervorrufen kann.
Vor allem die Zustände meiner inneren Unruhe und den damit verbundenen
Verschleiß meiner Nervenkraft. Und sofern dieser Zustand nicht nur ab
und zu, sondern relativ oft meine Seele überrollt, genauso wird mir das
auch schaden und mir ganz allgemein zu einem schnelleren Verfall
verhelfen.
Damit bin ich exakt an dem Punkt angelangt, der für mich
interessant ist. Was fördert meine Ruhe, Sicherheit und Gelassenheit?
Wie kann ich bewusst in solch heilende Zustände kommen und damit auch
mein Aussehen verbessern und verjüngen, weil ich mir doch vorgenommen
hab, gesünder, aktiver und auch froher durch meinen mir noch
verbleibenden Senioren-Alltag zu wandeln?
Bei einem meiner Trainingslehrgänge im sportlichen Bereich erprobten
wir die damals auf den Markt gekommene Schellbach-Lehre. Eine
Entspannungstechnik mit Auto-Suggestion und dazu angenehm beruhigender
Musik. Mit Formeln des Guten und Schönen im Leben versetzten wir uns,
begleitet von Vogelgezwitscher und Rauschen des Meeres, für kurze Zeit
in eine Art Traumwelt, aus der zumindest ich immer sehr schnell wieder
erwachte, wenn danach die Realität mit Hektik und Betriebsamkeit nur
allzu intensiv erneut vor meinen Augen auftauchte und ich gezwungen
war, wieder in den oft stresserfüllten Alltag einzutauchen. Merkbar
vorgepuscht hat mich diese Art von Selbst-Beeinflussung eigentlich nie.
Ein Zwerg bleibt ein Zwerg, auch dann wird er einer bleiben, wenn er
sich täglich einredet, ein Riese zu sein. So ist das nun einmal.
Wesentlich besser hat die nächste Art, mir innere Ruhe und
Stabilität zuzuführen, bei mir gewirkt. Mein damaliger Job als Leiter
eines Internates für Mittelschüler war mit jeder Menge an Aufregungen
verbunden und deshalb entschloss ich mich eines Tages, in den Ferien an
einem Lehrgang für Transzendentale Meditation teilzunehmen. Dabei
merkte ich die erste wunderbare Veränderung in mir, was meine innere
Ruhe und seelische Belastbarkeit betraf. Mit täglich zweimal Meditieren
und dazu nach dem Aufstehen am frühen Morgen noch einigen Yoga- und
Atemübungen.
Diese Art der Meditation war verbunden mit indischen
Klangwörtern, Räucherstäbchen, Blumen. Dazu flankierend sollten wir uns
gesund ernähren, dem Alkohol und dem Nikotin absagen und uns so oft wie
möglich mit positiven Gedanken umgeben. Eine wunderbare Sache, doch mit
meinem Wechsel in einen anderen Berufszweig hab ich damit aufgehört.
Leider - doch es wäre durchaus eine Überlegung wert, damit wieder zu
beginnen, um noch mehr Ruhe, Erholung und damit auch zusätzlich neue
Kräfte in mich einfließen zu lassen.