Um zu einem rüstigen Dasein zu gelangen, sollten wir unser
Augenmerk nicht nur auf unser Äußeres, sondern gezielt auch auf unser
Inneres hin richten.
Ein Beispiel von mir selbst will ich an den Anfang
dieses 3. Gebotes stellen. Noch vor nicht allzu langer Zeit habe ich
mich immer schrecklich geärgert, wenn ich wieder einmal mitten in der
Nacht aufgewacht bin und ganz einfach nicht mehr einschlafen konnte.
Ich wälzte mich von einer Seite zur anderen, drückte meine Augen fest
zu, zog die Decke über den Kopf und vergrub mich im Bett. Klappte die
Decke wieder weit von mir und versuchte tief und ruhig zu atmen, und
mit jeder Minute, die ich nicht schlafen konnte, wuchs der Unmut in
mir. Krampfhaft versuchte ich, ans Einschlafen zu denken. Aussichtslos!
Irgendwann bin ich ja doch wieder eingeschlafen, vielfach erst kurz
bevor es Tag wurde, und ich fühlte mich, als wäre ich soeben unter den
Rädern eines Zuges hervorgekrochen.
Probleme, Sorgen, Ängste und "schwarze" Gedanken sorgten bei mir für
zahllose solcher Nächte. Darüber möchte ich nicht mehr schreiben, ja
daran will ich nicht einmal mehr denken! Ab und zu wache ich jedoch
auch jetzt mitten in der Nacht auf und es fällt mir schwer,
weiterzuschlafen.
War ich früher verstimmt wegen meiner
Schlaflosigkeit, so freue ich mich jetzt zwar auch nicht besonders
darüber, doch ich versuche dieser Schlaflosigkeit sogar positive
Aspekte abzugewinnen. Ist doch herrlich, die Gedanken kreisen zu lassen
und mit diesen nächtlichen Gedanken kann ich meinem Geist Nahrung
zuführen. Mit Gedanken, wie ich mein Leben weiter gestalten werde, oder
ich beschäftige mich mit Gedanken zu meinen verschiedenen schriftlichen
Tätigkeiten, an denen ich momentan arbeite. Allein dabei ist genug
geistige Arbeit für mich vorhanden und aus meinem vormaligen Ärger über
mein Nicht-schlafen-Können ist mittlerweile eine durchaus positive
Situation für meinen Geist entstanden.
Vor einiger Zeit habe ich mich auch mit Robinson Crusoe beschäftigt
und mit seinem abenteuerlichen Leben. Zuerst als Seemann, in
Gefangenschaft, dann als Plantagenbesitzer, bevor es ihn als
Schiffbrüchigen auf diese Insel schwemmte, auf der er beinahe drei
Jahrzehnte verbrachte und dort so manchen Gedanken über den Sinn des
Lebens in seinem Gehirn kreisen ließ. Wie er oftmals nahe am
Verzweifeln war und die furchtbarsten Ängste sich in seiner Brust breit
machten und wie er immer wieder alle nur erdenklichen Versuche
unternahm, um sich das Dasein auf diesem Eiland mit den primitivsten
Mitteln möglichst lebenswert zu gestalten. Und wie er schließlich auf
wundersame Weise errettet wurde und wieder zurückfand in ein
zivilisiertes Leben.
Gibt es nicht auch unter uns ähnlich
gelagerte Schicksale? Menschen, die in ihrem Leben Schiffbruch erleiden
und die es irgendwo an Land schwemmt, sofern sie Glück haben. Die es
dann sogar wie Robinson schaffen mit ihrem neuen Leben wieder
einigermaßen zurechtzukommen und es wie bei ihm ein happy end gibt. Und
doch -er war der einzige vom Schiff, der überlebt hatte, und auch bei
unseren Schiffbrüchigen überleben viele nicht. Sie sacken total ab,
lassen sich treiben und ertrinken oftmals nicht im Meerwasser, sondern
Alkohol, Drogen, Kummer und Krankheiten raffen sie hinweg. Wer einmal
in diesen Teufelskreis eines Lebens-Schiffbruchs gekommen ist, für den
kann man in vielen Fällen nur noch beten.
Beten ist auch eine geistige Betätigung. Priester, Patres,
Nonnen - für die gehört das Beten in den verschiedensten Formen zu ihrer
täglichen geistigen Nahrungsaufnahme. An diese Möglichkeit hab ich
eigentlich erst in letzter Zeit manchmal gedacht, seit ich Gebete von
allen möglichen "Akteuren" verfasse und sie ja auch den Lesern
zugänglich machen will. Gebete zeigen den inneren und manchmal auch
äußeren Zustand all dieser "Betenden" auf und sie versetzen uns ein
bisschen in die Gefühls- und Gedankenwelt dieser Menschen mit ihren
Freuden, aber viel mehr noch mit ihren Sorgen, Ängsten und Hoffnungen.
Gebete sind also zumindest für mich anspruchsvolle geistige Nahrung und
ich kann nur jedem empfehlen, einmal über den Sinn und auch über die
Wirkung von Gebeten nachzudenken und solche Gebete in sein tägliches
Leben einfließen zu lassen.
Nicht selten lasse ich mich geistig ein bisschen berieseln - von
verschiedenen Journalen im Rundfunk, ich lausche gern Sendungen über
Menschen und deren Schicksale und versetze mich damit geistig an andere
Teile unserer Erde. Natürlich verfolge ich auch Diskussionen über
Tages- und Weltpolitik im TV und beschließe zumeist meinen Tag mit
etwas "Geistigem". Ein guter Schluck verhilft mir zuerst zu einem
erholsamen Schlaf und nicht selten auch in eine geistig oftmals total
andere Welt -in die der Träume.
Eine besonders schöne Art mich geistig zu betätigen, habe ich mir in
letzter Zeit zur Angewohnheit gemacht. Wöchentlich einmal spiele ich
mit einem älteren Ehepaar Tennis. Der Mann war in den Staaten Professor
an einer Universität, seine Gattin Angestellte einer
Versicherungsanstalt. Vor etlichen Jahren sind sie, aus den USA
kommend, nach ihrer Pensionierung in unsere landschaftlich schöne
Gegend des Steirischen Salzkammergutes gezogen und haben sich hier
einen geeigneten Wohnsitz für ein Alt-Werden in Ruhe und Würde gesucht.
Vor allem deshalb in Österreich, weil die Frau eine geborene Wienerin
ist und weil beide das stabile und neutrale Österreich lieben und
schätzen. Nach dem Tennis begeben wir uns immer in ihren Wohnbereich
und in diesen ein, zwei Stunden versuche ich mein Englisch ein bisschen
aufzufrischen und mir damit durchaus auch geistige Nahrung zukommen zu
lassen.
Es gibt Menschen, die können nicht genug bekommen an geistiger
Nahrung. Andere wiederum beschäftigen sich weniger mit für ihr Gehirn
nahrhaften Dingen, sie huldigen ausschließlich dem Mammon und stellen
Wohlstand und Ansehen an die Spitze all ihrer Handlungen.
Ich
bin eher auf der Gegenseite angesiedelt und entsorge dieses und jenes
aus meinem Inneren. Vor allem will ich die Kammer in meinem Gehirn neu
adaptieren, wie wenn man eine Wohnung renoviert, Gerümpel aussondiert,
die Wände hell streicht, verschiedene Lichtquellen anbringt, neue
Vorhänge an die Fenster hängt, einen Parkettboden verlegt, einen neuen
Teppich anschafft und auch eine neue Sitzgarnitur in den Raum stellt.
Nicht zu vergessen den dazu passenden Tisch, dann noch die Musikanlage
und den Schrank für die Bücher. Damit werde ich meinem Geist eine
Stätte schaffen, in der er sich wohlfühlen kann und wo zudem genügend
Platz vorhanden bleibt, um jederzeit Positives in diesen Raum aufnehmen
zu können.
Misten wir also geistig aus. Müll in Form von schlechten
Gedanken, Müll in Form von Hass und Neid auf Mitmenschen, Müll aber
auch in Form von Hoffnungslosigkeit und Dunkelheit in uns. Öffnen wir
die Türen und Fenster für ein neues Licht, für optimistische Ideen und
Vorstellungen wie wir unser Inneres neu adaptieren könnten.
Zur ganz persönlichen Form Ihrer geistigen Nahrung müssen Sie selbst
finden. Gespräche in Ihrem sozialen Umfeld könnten dabei ebenso wichtig
sein wie gute Literatur, Diskussionen über die Tages- und Weltpolitik,
das Lösen von Rätseln oder die Teilnahme an kulturellen
Veranstaltungen. Beschäftigen wir also unseren Geist täglich mit den
verschiedensten gedanklichen Aufgaben. Damit erhalten wir uns eine
gewisse Frische auch in unserem Aussehen, und mit Hilfe von geistiger
Nahrung werden unsere Augen als Spiegel unserer Seele kaum jemals dumpf
vor sich hindämmern.