Bei diesem Wort tauchen ganz unvermutet Bilder aus dieser wunderschönen Kirche in Alassio in mir auf, dem für mich vielleicht schönsten Gotteshaus, in dem ich jemals mit Andacht gesessen bin und die Kerzen am Marien-Altar vor sich hinbrennen sah. Ganz ruhig brannten sie vor sich hin. Die meisten leuchteten ohne das geringste Zucken, einige flackerten ein bisschen, und nur eine schien von irgendwoher eine Art Wind zu bekommen. Sie zuckte heftig, meine Augen richteten sich auf diese Flamme, und ich konnte mich nicht von dem Gedanken lösen, dass das vielleicht mit der Seele des Entzünders etwas zu tun haben mochte. Wobei eher anzunehmen war, dass es sich dabei um ein weibliches Wesen gehandelt hatte, wo doch überwiegend Frauen Kerzen in Kirchen anzünden. Wie auch immer. Sie zuckte und flackerte, doch plötzlich war das Zucken vorbei. Still brannte sie weiter und vergeblich wartete ich auf ein erneutes Flackern. Irgendetwas war mit der Kerze geschehen - ohne, dass jemand Hand daran gelegt hätte.
Warum mir beim Wort beten ausgerechnet diese Kirche an der Riviera di Ponente, dieser Küste der untergehenden Sonne im westlichen Ligurien in die Sinne kommt, das liegt vermutlich daran, dass ich bei meinen Tennis-Ausflügen mit Turnierteilnahmen mehrmals in diesem Paradies war und beinahe täglich in dieses Gotteshaus im Zentrum von Alassio einkehrte.
Wie immer nahm ich meine Mütze vom Kopf, ging einige Schritte hin zum Kessel mit dem Weihwasser, bekreuzigte mich, und schon hörte ich dieses Murmeln an meine Ohren dringen. Es war relativ dunkel im Inneren, nur die wunderschön bemalten Fenster ließen zart das Licht der Sonne hindurchdringen. In den vordersten Bankreihen waren etwa ein Dutzend in dunkle Kleider gehüllte Frauen versammelt, und das von mir vernommene Murmeln war inzwischen lauter geworden, je näher ich mich zu den Betenden hin bewegte. Ich setzte mich in eine leere Bankreihe und ließ die Atmosphäre von Dunkelheit und brennenden Kerzen, von Gebetsmurmeln und dem Gefühl von Ruhe und Geborgenheit in mich einfließen. Wenige Meter nur entfernt von der ausgelassenen Fröhlichkeit und dem Treiben in diesem Badeort genoss ich diese Ruhe, und die Stimmen der betenden Frauen wirkten auf mich wie ein Kissen, auf das ein Wanderer nach einem anstrengenden Tag seinen Kopf betten mag. Verflogen war alle Hektik aus meinem Inneren, die ich noch kurz zuvor in mir verspürt hatte am Strand, mit den ans Ufer brandenden Wellen, dem Wirrwarr der Stimmen von Einheimischen und Touristen, dem Lachen und Weinen der Kinder, die sich in großer Zahl im grellen Sonnenlicht tummelten.
Ich hatte natürlich keine Ahnung, ob die Leander, der Zacharias oder der Hemingway jemals in dieser Kirche waren und vielleicht so wie ich diese ganz besondere Atmosphäre in sich einfließen haben lassen. Um nur drei Berühmtheiten zu nennen, die sich gern an diesem Badeort aufhielten. Wie übrigens auch der Kon-Tiki-Segler Heyerdahl. Vielleicht war der sogar zum Beten in dieser Kirche San Matteo. Könnte durchaus sein, wo doch einAbenteurer wie er ganz bestimmt nicht nur einmal Beistand von "oben" nötig hatte bei seinen verwegenen Segel-Reisen. Den Ernest dürfte es wohl eher zu Nobel-Restaurants, denn zu Kirchen hingezogen haben, vermute ich ganz locker. Bei all dem, was ich von seinem Leben weiß. Und der Geiger Zacharias wird wohl auch kaum jemals mit seiner Violine dort aufgetaucht sein. Wobei das ebenso wenig auszuschließen ist, wie dass die Leander vielleicht sogar das eine oder andere Kirchenlied in diesen besinnlichen Hallen mitgeträllert hat.
Ich hab weder gesungen noch gebetet und hab nur in meinem Inneren ein bisschen Andacht gehalten, wie ich das in den verschiedensten Kirchen mache und gerne in solche Stätten der Ruhe und des Friedens gehe, um dort für einige Minuten der inneren Einkehr zu verweilen. Es gibt ja jede Menge von solch wunderbaren Bauwerken, und wenn ich meinen Kirchenbeitrag noch immer einigermaßen bereitwillig an meine christliche Glaubensgemeinschaft abliefere, dann ist wohl das der entscheidende Grund dafür. Für mich sind Orte ohne Kirchen, wie eine Wiese ohne Blumen, oder wie ein Sommer ohne Regen. Da fehlt ganz einfach etwas. Weil das gelegentliche Nass dem Sommer erst zu seiner vollen Entfaltung verhilft und Kirchen und die darin Betenden Trost und Hoffnung durch die Luft tragen. Weithin spürbar für empfindsame Seelen.
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Gut kann ich mich noch an meine Kindheit erinnern. Wie uns unsere Mutter am Abend nach dem zu Bett-Gehen immer ein Kreuz auf die Stirn gezeichnet hat. Zuerst meinem Bruder und dann auch noch mir, und wenn unser Kater neben uns im Bett wohlig geschnurrt hat, dann hätte ich ihm am liebsten auch ein Kreuz auf seinen Kopf gezeichnet. Damit auch er beschützt werden sollte, und ein wunderbares Gefühl von Geborgenheit durchzog dabei immer mein Inneres.
Manche Familien beten immer vor dem Essen und danken damit für die empfangenen Gaben, die vor ihnen auf den Tellern liegen. So fromm waren wir nicht, wenn vielleicht auch meine Mutter durchaus zu solchen Dankesworten bereit gewesen wäre. Mein Vater schien eher seinen eigenen Händen zu vertrauen als irgendwelchen imaginären Mächten, denen wir womöglich unseren karg gedeckten Tisch zu verdanken hätten. Deshalb hielt er sich auch bei der Opferung in der Kirche immer zurück, wenn der spindeldürre Mesner mit seinem Klingelbeutel durch die Reihen schritt und für den wohlgenährten Pfarrer Spenden einsammelte. Zumindest meinte ich damals, dass der Mesner das für den Pfarrer machen würde. So ganz Unrecht dürfte ich dabei nicht gehabt haben, nehme ich zumindest an, weil ja auch wir Ministranten bei Hochzeiten und Taufen am Kircheneingang standen und unsere Pappschachteln den Eintretenden hinhielten, damit sie ein bisschen Geld hineinwerfen sollten. Wir haben dabei aber nicht gebetet, nur ein leises "Vergelt's Gott" vor uns hingemurmelt.
Und wenn die Feierlichkeit zu Ende war, und die Menschen die Kirche schon längst wieder verlassen hatten, da machten wir uns ans Aufteilen. Die Großen bekamen mehr, die Kleinen weniger. So war das eben. Wobei die Großen etwa 13, 14 Jahre alt waren und die Kleinen von acht, neun Jahren aufwärts. Der Pfarrer wird vermutlich auch geteilt haben. Mit dem Mesner? Wohl eher nicht. Doch mit der Obrigkeit vielleicht. Wobei er eher den Anteil eines Kleinen für seine eigenen Dienste in Anspruch genommen haben dürfte. Oder in selbstloser Weise total auf einen Anspruch verzichtet hat. Auch das könnte durchaus so gewesen sein.
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Bleiben wir bei der Kirche. Wenn im eher dunklen Inneren eines solchen Gotteshauses das "ewige Licht" rot schimmernd sanft vor sich hinbrennt, dann leuchtet in dieser Atmosphäre auch in mir so etwas wie ein Licht auf, mein Atem wird schwach und alle meine Sinne erfühlen diese Stimmung, und ich bin drauf und dran, ein Gebet vor mich hinzumurmeln. Kein großartig langes Gebet, eher einige Worte des Dankes oder der Besinnung oder ich lege eine Bitte auf meine Zunge und hoffe, dass sie erhört wird. Wenn mir auch durchaus bewusst ist, dass dies eine zu einfache Variante wäre, Probleme oder Sorgen sozusagen mit einem Handstreich aus der Welt zu schaffen.
Und doch scheint eine ganz gewaltige Kraft in so einem Gotteshaus zu stecken, weil die Eintretenden mit einem Mal ganz ruhig werden, ihre Stimmen beinah zu einem Flüstern herabsinken, und ihre Bewegungen die gleiche Dämpfung erhalten. Die vormals hochgestreckten Köpfe recken sich nicht mehr arrogant in die Luft, Schultern und Brust der Einkehrer sind weit entfernt von jeder Straffheit, und so mancher Besucher neigt demütig sein Haupt, bekreuzigt sich und beugt das Knie. Und das, obwohl ihn oder sie kein Mensch je dazu aufgefordert hätte.
Gebete scheinen auch etwas von dieser Kraft an sich zu haben. Ich weiß noch genau, dass ich Dreikäsehoch in meiner Volksschulzeit einmal ganz ordentlich in meine Sitznachbarin verknallt war. Ein wunderhübsches Mädchen mit schwarzen Zöpfen, einem süßen Mund und glutvollen Augen. Sie hieß Hanni und eines Tages erschien sie nicht in der Schule. Ich schaute vergeblich immer wieder hin zur Tür, aber sie kam nicht, obwohl sie eigentlich kommen hätte müssen, wie auch alle anderen Kinder zur Schule gekommen waren. Ich war beunruhigt. Was war los mit ihr?
Am nächsten Morgen erschien sie wieder nicht und ich blickte wieder und wieder hin zur Tür. Irgendwann musste sie doch ganz einfach auftauchen. Dann die Worte der Lehrerin: "Kinder, die Hanni hat sich die Hand gebrochen, sie ist im Spital und wird wohl einige Zeit lang nicht zu uns kommen." Hand gebrochen, Spital. Für mich Knirps nicht recht vorstellbar, was alles mit meiner Hanni passiert sein sollte. Jedenfalls war es nichts allzu Schlimmes, wie mir meine Mutter später erklärte. Das heilt schon wieder zusammen. So Gott will. Typisch für meine Mutter. Ohne Gott ging bei ihr eben gar nichts.
Am Abend lag ich wieder in meinem Bett, neben mir unser Kater Mohrli und er schnurrte wie immer, wenn er sich besonders wohl fühlte. Nachdem meine Mutter meinem Bruder Herbert und mir das bereits erwähnte Kreuz mit einem "schlaft gut!" auf die Stirn gezeichnet hatte, mit einigen Schritten zur Tür ging und sie leise hinter sich schloss, da bewegten sich auf einmal meine Lippen. Ich dachte an die Hanni und bat "ihn", sie mir doch möglichst bald wieder zu bringen. Möglichst bald! Bitte!
Wenn ich daran zurückdenke, so war dieses Beten doch ein kleiner Schimmer der Hoffnung in meiner Bubenbrust, und es mag wohl auch noch etliche andere Situationen in meiner Kindheit gegeben haben, wo ich ein Gebet sozusagen zum Himmel geschickt hab. Die Hanni? Drei Abende hab ich noch gebetet, dann stapfte sie wieder zur Tür herein und ich war der erste, der seinen Namen auf ihren Gips kritzeln durfte. Und am Abend, nach dem Zu-Bett-Gehen? Da rutschte mir doch tatsächlich ein "danke" aus dem Mund, und ich war fest davon überzeugt, dass meine Gebete sie mir wieder gebracht hätten.
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Eine kleine Geschichte noch aus meiner Kindheit, die auch mit Beten bzw. mit der Kirche zu tun hatte. Ich war ein aufgeweckter Junge, so hieß es damals jedenfalls bei all jenen, die mich ein bisschen besser kannten. Manchmal vielleicht ein bisschen zu aufgeweckt, wie wir gleich sehen werden.
Was war geschehen?
Mein Bruder und ich waren wie jeden Sonntag den Weg zur Kirche hinangestiefelt, weil die Kirche in unserem Ort, wie ja beinahe überall, auf einer Anhöhe stand. Böse Zungen behaupten, damit die "Pfaffen" auf die einfachen Menschen herabschauen könnten. Wenn ich daran denke, was man in letzter Zeit alles von diesen Barmherzigen Brüdern zu Ohren bekommen hat, dann würde für manchen von ihnen wohl eher der Ausdruck warmherziger Bruder passen, und sie sollten ihre Hände lieber zum Gebet falten, als sie so manchem unschuldigen Knaben irgendwo unsittlich aufzulegen. Wie das zum Glück ja doch eher selten vorkommt.
Zurück zu unserem damaligen Kirchenbesuch: Mein Bruder war sogleich in der Sakristei verschwunden, wo sich die Ministranten vor dem Gottesdienst versammelten, ich bin die paar Stufen hinauf zum Chor gestiegen und hatte in der ersten Reihe Platz genommen. Wir waren zeitlich dran und erst nach und nach trudelten die Sonntag-Kirchgeher im Gotteshaus ein. Herrlich, diese erste Reihe oben am Chor, da konnte auch ich Knirps mit meinen sieben Jahren mich über die steinerne Brüstung lehnen und so das Treiben unter mir beobachten.
Der Gottesdienst hatte längst begonnen und mir war doch tatsächlich ein bisschen langweilig zumute. Unter mir die betenden Frauen mit ihren Kopftüchern und vorne am Altar der Pfarrer und die Ministranten. Neben mir saß seltsamerweise niemand. Ein Mann hatte sich zuerst neben mich gesetzt, doch er war noch vor der Opferung wieder gegangen, wie das die meisten Männer machten. Sie legten das Geld lieber beim Kirchenwirt für einen Humpen Bier auf den Tisch, als dem Mesner ein bisschen Kleingeld in den Klingelbeutel zu werfen. Jetzt war die Wandlung gekommen. Die Betschwestern knieten unter mir und hatten ihre Hände andächtig zusammengefaltet. Ich beugte mich übers Geländer, zielte und traf ...
Nach dem Gottesdienst und längst wieder zu Hause, da traf auch einer: mein Vater. "Du spinnst wohl", schrie er mich an. "Vom Chor herab unserer Nachbarin in den Nacken zu spucken!"
Die kleine Geschichte hat mit Beten eigentlich nichts zu tun. Warum ich diesen Einfall gehabt hatte, das weiß ich heute nicht mehr. Der vorgebeugte Kopf und der zu mir hoch leuchtende Nacken mögen vielleicht eine zu große Anziehungskraft auf mich ausgeübt haben. Da hab ich eben ein bisschen im Mund zusammengesammelt und - ab mit der Post. Mein Pech, dass ich zu genau getroffen hatte, und dass außer mir kein Mensch an der "Abschussrampe" zu sehen war.
Doch die Sache ist ja einigermaßen gut ausgegangen. Die Nachbarin war zufrieden mit der Ohrfeige, die mir mein Vater vor ihren Augen versetzte. Ich um eine Erfahrung reicher. Mein Bruder? "Du Spinner, lässt dich auch noch erwischen!" Und meine Mutter? Die hat die Hände zusammengeschlagen und ausgerufen: "O Gott, o Gott. In der Kirche vom Chor zu spucken. Schäm dich!"
Detail am Rande: Allzu gut konnten sich die beiden Frauen vermutlich ja kaum jemals leiden. Und wer weiß, ob meine Mutter nicht ein ganz klein wenig über meine Bosheit der Nachbarin gegenüber gelächelt hat. Im Inneren natürlich, und nur ein ganz klein wenig! So etwas könnte trotz ihrer Gottesfurcht durchaus möglich gewesen sein.
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Sehr zu Herzen ging mir immer das Beten, wenn irgendeiner aus unserem Ort gestorben war und wir Buben am Abend zur Toten-Wache in die Kirche mitgingen. Damals gab es bei uns noch keine Leichenhalle und der Sarg stand vorne in der Nähe des Altars. Umgeben von Kerzenständern, auf denen die Kerzen still vor sich hin brannten.
In der ersten Reihe kniete der Vorbeter, der zugleich Mesner war. Mit ernster Miene rasselte er in seiner schwarzen Kutte ein "Vater Unser" nach dem anderen herunter. Dazwischen immer wieder Fürbitten für den oder die Verstorbene. Einige "Gegrüßt seist Du, Maria" natürlich auch und dazu etliche Strophen vom Rosenkranz. Nur wenige Lichter brannten in der Kirche und mir war immer irgendwie schaurig zumute. Zuerst die Stimme des Vorbeters, dann die der einsetzenden Trauergäste, mit dem einen oder anderen Schluchzen, das sich darunter mischte, und dann wieder das Geräusch von Schnäuzen, wenn sich die weinenden Frauen die Nase putzten.
Auch ich hatte immer meine Hände gefaltet, kniete nieder, wenn alle niederknieten, und stand auf, wenn das die anderen auch taten. Das Gleiche galt fürs Hinsetzen. Das war mir am liebsten. Von überall her schienen die Worte an meine Ohren zu hallen und auch das Murmeln einzelner Betender, die beim Beten anscheinend den Mund nicht allzu weit aufmachten. Vielleicht aus Angst, irgendetwas von der Totenstarre könnte dabei in ihr Inneres dringen. Was weiß ich. Ich hielt mich ja auch zurück, was die Lautstärke anbelangte, und ich konnte mir nicht recht vorstellen, was nun wirklich mit der Leiche im Sarg weiter geschehen würde. Gab es diesen Himmel, von dem alle immer sprachen, oder das Fegefeuer oder musste so manch Toter tatsächlich in der Hölle schmoren? Halfen da etwa die Gebete mit, damit das nicht geschehen könnte? Diese Fragen geisterten durch meinen Kinderkopf und irgendwie fühlte ich mich behütet in der Menge der Betenden.
Als die ganze Sache vorbei war und sich die Menschen die Hände schüttelten, manche sich um den Hals fielen, weinten und sich gegenseitig Trost zusprachen, da machte auch ich ein trauriges Gesicht und ging ebenso wie alle anderen hin zum Sarg, tauchte den Tannenzweig in den Weihkessel und sprengte ein Kreuzzeichen darüber. Und ich horchte angestrengt, ob ich nicht irgendein Klopfen vernehmen würde. Weil mein Vater einmal gesagt hatte, dass auch Scheintote manchmal in den Sarg gelegt wurden, und wenn die nicht geklopft hätten, hätte man sie vermutlich lebendig begraben. Meine Mutter hatte damals heftig gegen seine Aussage protestiert, das weiß ich noch ganz genau, und das Ganze als dummes Gerede hingestellt. Aber mein Vater hat sich das mit dem Scheintoten im Sarg nicht ausreden lassen. Seine Mutter hätte ihm einmal davon berichtet und auch andere Leute wüssten ja davon. Aber ich hörte nichts. War mir auch lieber so. Aber irgendwie kam mir die Sache doch nicht ganz geheuer vor. Und diese schreckliche Enge in so einem Sarg. Als ich wenig später wieder vor der Kirchentür stand, atmete ich richtig durch und fühlte mich wieder besser.
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Weiter zum Beten und damit auch zur Frage, warum die Menschen eigentlich beten. Mir geht es zwar nicht immer so gut, dass ich "danke, gut" ohne zu lügen sagen könnte, wenn mich dieser oder jener nach meinem Befinden fragt. Wie das eben so üblich ist, wenn man sich irgendwo trifft, und die ersten Worte nach der Begrüßung in 99 Prozent der Fälle "wie geht's?" lauten. Ich hab noch kaum jemals gehört, dass irgendeiner als Antwort "nicht gut" gesagt hätte. Die meisten antworten: "Danke, es geht schon!" oder "danke, gut!"
Das sind sicher keine bewussten Lügen, aber doch sind solche Antworten oft weit weg von der Wahrheit. Wer gibt schon gerne zu, dass es ihm schlecht geht? Ich auch nicht, ehrlich gesagt. Meist ist der Zustand ja so nur vorübergehend schlecht. Schlechte Laune, Ärger da und dort. Das legt sich oftmals sehr schnell wieder. In solchen Stunden sind wir Menschen weit weg von Gebeten, das schaffen wir noch locker. Anders die Situation, wenn es jemandem tatsächlich schlecht geht, weil er vom Pech verfolgt ist, oder dies und das total "in die Hose gegangen" ist. Mit Stress und Frust und sehr zum Schaden gereichend.
Dann wieder kommt jemand in finanzielle Nöte, oder ein anderer erkrankt ernsthaft und eine Besserung ist weit und breit nicht zu bemerken. Da könnte vielleicht der Gedanke an Hilfe bereits in diesem oder jenem Kopf herumgeistern. Hilfe von Verwandten, Freunden, Bekannten oder anderen hilfreichen Menschen. Sollten aber diese Hilfen wenig fruchten, dann kommt die nächste Instanz zum Tragen. Da wird vielleicht schon hie und da eine Kerze angezündet und es rutscht dem einen oder anderen vielleicht schon so etwas wie ein Gebet über die Lippen. Von gläubigen Menschen bereits wesentlich früher, von weniger im Glauben Beheimateten eher später.
Wenn der Zustand der Not und des Elends sich der 100-Prozent-Marke nähert und so gut wie keine menschliche Hilfe mehr möglich scheint, dann wird hingekniet und geflennt, gebetet und gehofft. Da muss der Herrgott einspringen, koste es, was es wolle!
"Er muss doch ganz einfach helfen!"
"Das kann er doch nicht zulassen!"
"Was hab ich denn verbrochen, so bestraft zu werden!"
"Warum gerade ich? Herrgott im Himmel, so hilf mir doch!"
Irgendwie helfen Gebete immer, auch wenn sie nur ganz selten Wunder bewirken. Vor allem für wunde Seelen sind sie Balsam und sehr oft helfen sie mit, in schwerer Not Trost zu spenden ...
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Einige Gedanken zu meinem etwas der Zeit angepassten "Vater Unser":
Mir schien der Text nicht ganz unserer heutigen Zeit entsprechend zu sein. Ich setzte mich an meinen Schreibtisch und suchte nach einer mir besser scheinenden Form. Bereits der Beginn mit "Vater unser" schien mir verdreht zu sein. Eher müsste es wohl "Unser Vater" heißen. Deshalb suchte ich nach einem passenden neuen Beginn und beginne mein "Vater Unser" deshalb mit "Allmächtiger Vater". Damit kann ich auch die Macht Gottes gleich zu Beginn darstellen und preisen.
Den "Himmel" wollte ich wegbringen und eher ein "Reich Gottes" dafür hernehmen.
Wenn es ursprünglich heißt: "Dein Reich komme", so würde dieses Reich wohl kaum jemals zu uns kommen, eher würden wir nach unserem Tod in ein solches Reich eingehen können, sofern wir für unsere Art zu leben bzw. für unsere guten Taten irgendeine Belohnung erhalten, was durchaus ein Ansporn sein könnte, gute Werke zu tun.
Weiter: Warum sollten wir einen Namen heiligen? Deshalb schien mir besser zu sein aus der ursprünglichen Version: "geheiligt werde dein Name" diesen unseren Gott anders zu würdigen mit: "Du bist das Licht in unserem Leben".
Auch: "Unser tägliches Brot gib uns heute" wollte ich erweitern, indem wir Menschen darum bitten sollten, dass uns der Herrgott nicht nur Nahrung für unseren Leib, sondern vor allem auch Nahrung für unsere Seele schenken möge. Wobei mir "schenken" geeigneter schien als "geben".
Weil beten ja durchaus mit bitten in Verbindung gebracht werden kann, so habe ich das Flehen als innigste Form dafür eingebaut und dazu noch die Hoffnung, dass wir, trotz aller Widrigkeiten, die auf dieser Erde immer wieder geschehen, auch an das Gute glauben sollten.
Auch gab mir "führe uns nicht in Versuchung" zu denken, gibt es doch durchaus Versuchungen, Gutes zu tun. Also weg damit.
Für "Schuld" und "Schuldigern" nahm ich "unsere Schwächen" und "unsere Sünden" in den Text auf.
"Lass am Ende in dein Reich uns kommen!" und die Sache "mit der Erlösung der Seelen" habe ich bewusst ans Ende des Gebetes gesetzt, um den vielen Sterbenden Hoffnung zu geben, dass durchaus Schönes nach unserem Abgang auf sie zukommen könnte ...
Gebete schenken Hoffnung, und Gebete führen letztlich zu innerem Frieden und zu einem ganz wichtigen Punkt: Zum Vertrauen in die Gesetze der Schöpfung, und dass letztlich am Ende auch des schwärzesten und längsten aller Tunnels das Licht der Erlösung über alle Finsternis siegen wird!
*** Für alle, denen es in etwa so wie mir geht, dass sie hoffen mit Hilfe von "beten" nicht nur Trost, sondern vielleicht auch echte Hilfe von "oben" erhalten mögen, für alle diese Menschen will ich jetzt zum Schluss meiner "gedankenMalereien" über das Beten meine ganz eigene und sehr ins Detail gehende "Bet-Version" hier bringen. Vielleicht helfen meine Worte auch anderen Betenden, sich in ähnlicher Weise mit ihren Problemen auseinanderzusetzen und ihre Gebete gegen den "Himmel" zu senden ...
Beginnen wir ganz am Anfang mit Allmächtiger Vater. Darüber kann man denken wie man will. Ob es nun diesen allmächtigen Vater tatsächlich gibt oder ob es sich bei der Schöpfung um andere Kräfte und Mächte handelt ich glaube an die Allmacht der Schöpfung, und dass dieses Wunderwerk Erde und das ganze Universum nicht durch Zufall entstanden sein kann. Für mich gibt es einen wohldurchdachten Plan für alles Sein und Werden auf dem Planeten Erde.
Bei mir funktioniert das so: Ich registriere tausende Wunder, wohin ich auch blicke, und mein Gehirn und meine fünf Sinne lassen mich nicht nur ahnen und vermuten, sondern tatsächlich fest daran glauben, dass ein wunderbarer Schöpfungsakt besteht und dass auch ich ein Teil dieser Schöpfung bin. Ich beginne mein Gebet daher täglich mit den Worten: Allmächtiger Vater, Herr über Werden, Sein und Vergehen, Du bist das Licht in meinem Leben!
Ich liege noch in meinem Bett, habe meine Augen geschlossen und sauge jedes einzelne Wort tief in mich. Plötzlich wird es hell in mir, wenn das Wort Licht in mir ankommt. Ich genieße dieses Gefühl der aufgehenden Sonne in mir, es wärmt mich wunderbar, ich öffne meine Augen und blicke durch das Fenster meines Wohn-Schlafraumes zum Grün der Bäume, die vor unserem Wohnblock ihre Äste von sich strecken. Manchmal ist auch das Blau des Himmels zu sehen, dann wieder ziehen Wolken übers Land, hin und wieder fällt Regen oder Schnee aus dieser Wolkenschicht oder es ist beides am Himmel vereint: das Blau und daneben Wolken. Große, kleine, helle, dunkle verschieden geformt und sich stets verändernd. Für mich ebenso ein Wunder.
All das spielt sich in Sekundenbruchteilen in mir ab und meine Gedanken dazu fliegen dahin wie die Vögel an den Bäumen. Die Meisen und Grünlinge, Gimpel und Finken, die sich im Geäst speziell am frühen Morgen tummeln. Ebenso Zeugnisse der Schöpfung, und für mich auch wunderbare Weggefährten meines Lebens.
Nun komme ich zu einem Gebiet meines Gebetes, wo es mir manchmal schwer fällt, bei der Stange zu bleiben in meinen weiteren Betrachtungen, wenn es heißt: Lass mich nicht zweifeln an Deiner Liebe!
Hier komme ich manchmal und vor allem an Tagen, wo meine innere Wetterlage eher von einem Tief belagert wird, echt in Bedrängnis, und ich atme tief durch, wenn ich mich frage, ob mich der Schöpfer oder die Schöpfung auch wirklich liebt. Dann muss ich diese Worte meines Gebets ganz tief in mich saugen:
Lass mich nicht zweifeln an Deiner Liebe!
Und tatsächlich irgendwie geht es mir dann wieder besser.
An inneren Sonnentagen habe ich keinerlei Probleme, da fühle ich mich vom Schöpfer angenommen und bin durchaus der Meinung, dass ich geliebt werde in meiner ganzen Art und Weise, und ich spüre in dieser innerlich gefestigten Situation die Wunder der Schöpfung ganz tief und mein inneres Licht leuchtet hell und stark.
Der nächste Punkt meines Gebetes betrifft die Nahrung. Ein ebenso wichtiger Teil meines Daseins wenn es da heißt:
schenke mir Nahrung für Leib und Seele .
Ich bete also um Nahrung für beide Bereiche. Zuerst um Nahrung für meinen Leib, und ich weiß, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, in einer Region unseres Planeten zu leben, wo ich mich täglich satt essen kann mit Nahrung aus einer riesigen Palette von Supermärkten und zig anderen Geschäften, die Essbares anbieten, die in unseren westlichen Wohlstandsregionen förmlich die Städte überschwemmen. Da wird geschlemmt und in sich gestopft und die Bäuche der Wohlstandsbürger schwellen an wie der Müll auf den Deponien. Zum Glück gibt es aber auch da die Vernünftigen, die sich bewusst gesund ernähren, doch Millionen kämpfen tatsächlich mit Übergewicht.
Ich hab hier die Form schenken für mein Gebet genommen, denn ich sehe es tatsächlich als eine Art Geschenk, dass ich nicht nur täglich meinen Hunger stillen kann, sondern dass mir auch die Wahl bleibt, mir wirklich Schmackhaftes und meinem Körper Wohltuendes zuzuführen. Ich bete täglich darum, weil ich weiß, wie wichtig dieser Punkt für meine Gesundheit, für Bereitstellung von Energie und für meine Lebensfreude ganz allgemein ist. Wer eine gute Leistung erbringen und sich einigermaßen wohl fühlen möchte, der muss sich auch dementsprechend ernähren.
Ein zumindest ebenso wichtiger Punkt ist neben der körperlichen Nahrung die Nahrung für meine Seele, und ich bin überzeugt davon, dass ich täglich zumindest ebenso viele Nährstoffe für meine Seele benötige wie für meinen Körper wenn anstatt eines verkrampften Gesichtsausdrucks und nach unten gezogenen Mundwinkeln zumindest dann und wann ein Lächeln auf meinem Gesicht zu sehen sein soll. Ein Lächeln, für das vor allem meine Seelen-Nahrung verantwortlich zeichnet.
Es gibt auch für mich unzählige Möglichkeiten, meiner Seele wohltuende Nahrung zuzuführen. Vom frühen Morgen bis zum späten Abend und evtl. sogar noch weiter bis zum Erwachen. Sofern ein erotisches Erlebnis oder ein Traum für eine wunderbare Seelen-Nahrung sorgt. Auch Träume lassen sich anscheinend beeinflussen, wenn Gedanken vor dem Einschlafen einem derartigen Traum zum Ausbruch verhelfen.
Was ich jedoch bei meiner Seelen-Nahrung selbst steuern kann, das sind all jene Dinge, die mir gut tun. Sogar hin und wieder richtig schlemmen und mich für kurze Zeit eher ungesund ernähren könnte für meine Seele eine Wohltat sein. Was ich auch hin und wieder mache, um Freude in mir aufkommen zu lassen. Es gibt eben Dinge, die sind gut für die Seele, aber schlecht für den Körper oder den Geist. Um nur ein einziges Beispiel anzuführen: Einige Gläser voll schmackhaftem Wein genossen, mich berauschen, um in wohltuende Gefühlswelten einzutauchen das kann eine wunderbare Seelen-Nahrung sein, auch wenn ich meinem Körper damit keinen guten Dienst erweise. Da heißt es dann abwägen: Was ist wichtiger in der momentanen Situation!
Wesentlich günstiger ist, wenn ich Nährstoffe ausfindig mache, die sowohl für meinen Körper und meinen Geist als auch für meine Seele eine wohltuende Wirkung mit sich bringen. Wenn ich Gutes tue, wenn ich positiv denke, wenn ich meine Augen bewusst ausschauen lasse nach Dingen, die mich erfreuen (ein schönes Bild, eine Blume, ein hübsches weibliches Wesen, ein Sonnenstrahl, ein singender Vogel, ruhig ziehende Wolken, das sanfte Plätschern des Regens, das herrliche Weiß des ersten Schnees, der gut klingende Sound meines Diesels, das wunderbare Gefühl meiner federnden Schritte, der Anblick eines herrlich gewachsenen Baumes, ein blühender Strauch, der freudig mit dem Schwanz wedelnde Hund, die schnurrende Katze, ein lachendes Kind ).
Vermutlich könnte ich hier seitenlang weiter positive Seelen-Nahrung aufzählen. Ich hoffe in meinem Gebet, dass mich der Schöpfer diese Dinge wahrnehmen lässt und mir so mein Dasein auf wunderbare Weise verschönt.
Ein schwieriges Thema kommt jetzt, wenn ich darum bitte, mein Flehen zu erhören. Flehen als innigste Form des Bittens. Auch wenn mir durchaus bewusst ist, dass nicht jede meiner Bitten erhört werden kann. In erster Linie bitte ich für mich selbst und für meine Familie. Und erst im weiteren Verlauf für meine Umgebung bis hin zu Dingen, die unseren Planeten und all das, was sich darauf befindet, betrifft.
Für mich erflehe ich vor allem, dass mein Geist nicht verkümmert und dahinwelkt wie Blumen, die zu wenig oder zuviel Wasser bekommen. Weiters, dass mein Computer in meinem Kopf funktionieren möge, um Gedanken zu schmieden, um für mich wichtige Dinge wahrnehmen und auch speichern zu können, damit die Wiedergabe dann funktioniert, wenn ich das haben möchte, und ich einen einigermaßen leistungsstarken Geist auch für ein geglücktes Dasein benötige.
Ich bitte darum, dass mein Geist nicht eines Tages durch irgendwelche Viren Schaden erleidet oder womöglich gar seinen Geist aufgibt wie das bei Demenz-Kranken vermehrt zu beobachten ist.
Ein weiteres Flehen betrifft meine fünf Sinne, und dass die nicht zu schnell ihre Leistung verlieren mögen. Abnützungen in dieser Hinsicht sind zwar nicht angenehm und doch durchaus verständlich. Auch, wenn ich das manchmal ganz einfach nicht wahrhaben will!
Mein Tastsinn, der Geschmack-Sinn und das Riechen scheinen in Ordnung zu sein. Womit viele in die Jahre gekommenen Zeitgenossen Probleme haben ist das Gehör. Meines funktioniert zum Glück einigermaßen gut, und ich bitte täglich darum, dass mir mein Gehörsinn möglichst lange in einem guten Zustand erhalten bleiben möge!
Jetzt kommt mein Problem, worum ich wirklich flehe: meine Augen. Das ist bei mir eine Schwäche, die ich beständig zunehmend schmerzlich wahrnehmen muss. Ich kann mich gut bewegen, ich hab eine für mein Alter gute bis sehr gute konditionelle Verfassung, doch meine Augen sind ein echter Schwachpunkt und hier merke ich einen echten Verfall, der mich tatsächlich beunruhigt und ich bin oftmals geneigt, zu flehen: Allmächtiger, lass mir mein Augenlicht nicht schwächer werden, sondern führe mich auf Wege, um hier wieder eine Verbesserung zu erreichen!
Irgendwie will und werde ich das noch schaffen, und ich hoffe sehr, dass ich Mittel und Wege finde, um meine Sehkraft wieder zu stärken. Das ist bestimmt möglich mit Augentraining. Warum sollten wir unsere Augen nicht auch so trainieren und kräftigen können wie unseren Bewegungsapparat, unser Herz, unsere Lunge, unseren Geist ja sogar unsere Gefühle können wir trainieren und schärfen. Davon bin ich ganz fest überzeugt. Ich flehe darum, mir diesen Weg zu zeigen!
Eine weitere Bitte bei meinem morgendlichen Beten betrifft meine Gefühle. Ich bitte vor allem darum, mit mehr Gelassenheit durch den Tag wandeln und ein bisschen über den Dingen des Alltags stehen zu können. Aber auch darum, nicht gefühlsmäßig mehr und mehr abzukühlen. Vor allem, was meine Gefühle der holden Weiblichkeit gegenüber betrifft. Früher hat mich jeder vorbeiwehende Duft irgendwie berührt, jede hübsche weibliche Erscheinung meinen Puls ein bisschen höher schlagen lassen. Ein bisschen hat das nachgelassen. Jedenfalls bitte ich darum, dass diese Gefühle bei mir nicht verblassen. Denn jeder Hauch von Erotik tut auch meiner Seele gut!
Sehr am Herzen liegt mir meine Familie. Ich bete auch für meine geschiedene Gattin, dass es ihr gut gehen möge und ihr der Herrgott irgendwie abgilt, was sie für mich und vor allem natürlich auch für unsere gemeinsamen Kinder Gutes im Verlauf ihres Lebens getan hat! Ebenso bitte ich darum, dass meine Kinder froh und optimistisch ihren Alltag hinter sich bringen, dass sie mit manchen Widerlichkeiten gut zu recht kommen und dass ihnen ab und zu ein high-light Glück und Freude verschaffen möge.
Früher war ich geneigt, auch negative Bitten hier einzubauen vor allem, was persönliche Feinde betrifft. Menschen, die mich ebenso ablehnen wie ich sie, und bei denen ich froh wäre, wenn sie überall anders, nur nicht in meiner Nähe verkehren würden. Das habe ich inzwischen geändert. Seit eine meiner diesbezüglichen Bitten tatsächlich in Erfüllung gegangen ist, und ich mir deshalb sogar Vorwürfe gemacht habe, dass ich womöglich der Auslöser für die Katastrophe war.
Jemandem Schlechtes zu wünschen, Hassgefühle mit sich herumzuschleppen das kann nicht gut sein! Also weg damit! Abgesehen davon, dass solche Bitten womöglich in der Weise erhört werden, dass der Schuss nach hinten losgeht.
Mein Gebet wendet sich auch kurz zum Planeten Erde hin, und ich bitte den Schöpfer, nicht allzu viel Unrecht zuzulassen, und die Menschen ein bisschen einzubremsen in ihrer Selbstherrlichkeit und ihrem Vernichtungsfeldzug unserer Natur und all ihren Geschöpfen gegenüber. Doch weil ich mittlerweile weiß, dass jedes noch so kleine Ding einen Widerpart haben muss, damit ein Ausgleich geschaffen ist und die ganze Schöpfung funktionieren kann deshalb kann ich verstehen, dass es neben dem Licht auch die Dunkelheit geben muss. Neben dem Guten das Böse, neben den wunderbarsten Erscheinungen die schrecklichsten Katastrophen. Die giftigste Spinne hat ebenso ihre Daseinsberechtigung wie der bunteste aller Schmetterlinge, die blutrünstigen Verbrecher sind anscheinend ebenso eingeplant wie die frömmsten aller Nonnen.
So zu denken und alle Wunder der Schöpfung zu akzeptieren, das habe ich lange Zeit nicht verstanden. Doch jetzt weiß ich, dass mir mit dieser Einsicht der Herrgott ein wahrlich göttliches Geschenk bereitet hat, und ich kann gelassen und vertrauensvoll in die Zukunft blicken. Am Ende allen Seins wird es diesen Ausgleich geben. Gutes wird tatsächlich belohnt und Böses bestraft werden. Wie und auf welche Art und Weise auch immer. Noch in diesem Leben oder eben danach.
Damit habe ich schon die nächsten Worte meines Gebetes beleuchtet, wenn es heißt: lass mich hoffen und an das Gute glauben und wende ab das (allzu) Böse aus meinem Herzen!
Dieses allzu habe ich hier bewusst hinzugefügt, weil ich nach einigen Überlegungen zum Leben ganz allgemein zur Einsicht gekommen bin, dass ich nicht nur auf einer Schiene fahren kann und nicht immer nur Gutes tun und denken soll. Das ist gegen das Gesetz der Vielfalt und der Gegensätze, das in allen Bereichen unseres Lebens seine Anwendung findet und dies auch tun wird! Nur dann kann ich den Kreis meiner Handlungen, Taten und gedanklichen Werke schließen, wenn ich zu meinen guten Taten auch einige schlechte mit einbauen kann! Schwer zu verstehen, ich weiß, und doch gehören zu einem erfüllten Dasein auch schlechte Taten. Das ist meine neueste Erkenntnis und zumindest gedanklich werde ich mich daran halten!
Der nächste Punkt meines Gebetes beschäftigt sich mit meinen Schwächen und Sünden und ich bitte darum, mir meine Schwächen und Sünden zu vergeben!
Bei meinen Betrachtungen zum Leben ganz allgemein habe ich auch über Geheimnisse geschrieben und wie wichtig es ist, eine ganz persönliche Intimsphäre zu haben und diese wie einen guten Freund zu behandeln und zu pflegen! Deshalb werde ich mich hüten, hier meine Schwächen vor aller Welt auszuposaunen und das Gleiche gilt auch für meine Sünden.
Natürlich habe ich genügend, sowohl von dieser Seite als auch von der anderen. Wobei Schwächen Menschen ganz allgemein eher liebenswert erscheinen lassen, und ein bisschen Demut und ein hin und wieder gebeugter Kopf sich besser ausmachen als strotzende Selbstsicherheit, eine geschwellte Brust und womöglich noch eine unnachgiebige Eigenmeinung. Ich muss mich manchmal ein bisschen an der Nase nehmen und darum bitten, nicht allzu intolerant und arrogant zu sein was den Umgang vor allem mit Menschen betrifft, die alle anderen Gefühle als Sympathie in mir wecken, wenn sie mir über den Weg laufen oder wenn es sich um Lebewesen handelt, mit denen ich sogar einen Teil meines Weges gemeinsam zurücklegen muss. Um zumindest eine meiner Schwächen hier anzuführen.
Auch ich bin in mancher Hinsicht nicht vor sündhaftem Tun bewahrt, doch wenn mir das hin und wieder bewusst wird, dann bitte ich darum, dass der Schöpfer hier bei mir auf die Bremse steigt oder anders gesagt dass er mir jenes Maß an Einsicht in mein Gehirn dringen lässt, um diese Gefahren zu erkennen und mich wieder davon abzuwenden! Wer erkennt, dass es keine blühenden Blumen geben wird, solange er seinen Acker mit Unkraut-Vernichtungsmittel behandelt, der dürfte auf dem richtigen Weg sein. So will auch ich es mit meinen Sünden halten, wenn mir hin und wieder zumute ist, zu vernichten, um Gutem zum Durchbruch zu verhelfen!
Die US-Army hat uns das vor Augen geführt mit ihren Kriegen in Afghanistan und dem Irak. Die wollten das Böse mit Bomben ausrotten, um wieder Licht und Freude in diese Regionen zu bringen und die Menschen zu befrieden. Leider ist so etwas auf diese Art und Weise nicht möglich und das Elend und die Not schwappen derzeit dort über wie gewaltige Flutwellen, die ein Zunami ausgelöst hat. Ich bete auch dafür ein bisschen, dass irgendwann wieder Ruhe einkehrt und Friede, und dass man Völker so leben lässt, wie es ihrer Art und ihrer Kultur entspricht und nicht versucht, eine Schlange in ein schnurrendes Kätzchen umzufunktionieren.
Mein Gebet schließt mit: Lass am Ende in Dein Reich mich kommen! Denn Du allein kannst meine Seele von allem Weltlichen erlösen!
Ich hoffe doch sehr, dass es dieses verheißungsvolle Ende gibt. Vielleicht gibt es diese Wiedergeburt in einem neuen Dasein und wir bekommen jene Art von Belohnung oder Bestrafung, für die wir ganz allein selbst verantwortlich sind.
Zugefügt habe ich noch: Denn Du allein kannst meine Seele von allem Weltlichen erlösen!
Für mich ist das Weltliche behaftet mit sehr viel Unzulänglichkeit, hausgemachten Problemen und Unsicherheiten. Deshalb bitte ich hier um die Erlösung meiner Seele von all dem zutiefst Menschlichen, damit sie nach meinem Tod vielleicht in eine Sphäre voll Licht, Frohsinn und wohltuender Gelassenheit eintreten möge. Ein naiver Wunsch vielleicht und dennoch löst er in mir so etwas wie Vorfreude auch auf den Tod aus.
Angst vor dem Sterben sollten wirklich nur jene haben müssen, deren Waage sich überwiegend auf jene Seite hinneigt, worauf ihre schlechten Taten liegen. Ich bin dabei, Pluspunkte zu sammeln und will auch mit Hilfe meiner Gebete jeden neuen Tag dazu nützen.
Zu diesen Gebeten gehört auch das "Gegrüßet seist Du, Maria". Ich begrüße sie so oft ich kann und bete. Denn für mich ist sie eine wunderbare Frau, die sehr viel auch nicht allzu Erfreuliches in ihrem Leben durchstehen musste. Wie all jene Menschen, die der Schöpfer liebt, und denen er auch durch das Leid einen großen Akt von Gnade erweist, um zu mehr Einsicht, Demut und Menschlichkeit zu gelangen ...