Wir saßen entspannt bei einem Glas Bier in einer kleinen Kneipe und sprachen über menschliche Liebesbeziehungen und wie das heute eben so laufen würde zwischen den Geschlechtern in unserem Teil der Erde. Natürlich kamen wir auch auf die Ehe zu sprechen und warum diese Verbindungen in letzter Zeit so schlecht halten würden.
Er meinte ganz allgemein, dass sie in unserer derzeitigen westlichen Form mit der Ein-Ehe eher nicht den Gesetzen der Natur entsprechen würde.
"Warum das?", fragte ich ihn.
"Ganz einfach", seine Antwort, "bei den allermeisten Lebewesen geschieht bei der Paarung und Fortpflanzung das für die Art-Erhaltung absolut Wichtige und für meine Begriffe auch Richtige!"
"Was ist hier so wichtig und richtig?" Ich bin, ehrlich gesagt, neugierig auf seine weiteren Erklärungen dazu.
"Ob es sich um Löwen handelt, um Elefanten, unser Rotwild im Wald oder sonstige frei und wild lebende Säugetierarten - beinahe überall kommt nur das stärkste und in der Herde oder im Rudel dominate Männchen in den Genuss der Fortpflanzung. Wobei ich beim Wort "Genuss" eher vorsichtig agiere, denn es kann dies durchaus neben ein bisschen Genuss auch zu einem ganz gehörigen Stressfaktor bei diesen Männchen führen. Müssen sie sich doch andauernd mit anderen Rivalen um diese Position streiten bzw. mittels Machtkämpfen ihr Vorrecht behaupten."
"Was hat das mit uns Menschen zu tun? Wir sind doch keine Tiere!", meine Antwort, obwohl ich weiß, dass er die Sorte Mensch ganz allgemein zu Lebewesen dieses Planeten zählt, die wie die Tiere gewissen Gesetzmäßigkeiten entsprechen. Auch, wenn er durchaus zugibt, dass der Mensch eine ganz besondere Art von Lebewesen darstellt.
"Bevor ich dir diese Frage beantworten kann, will ich noch ein bisschen weiter ausholen bei meinen Beobachtungen im Tierreich und bei der Art, wie die allermeisten Lebewesen ihr Überleben durch gesicherte Fortpflanzung abwickeln."
"Ich höre."
"Die Stärksten und Gesündesten kommen also in diesen Genuss oder haben andererseits das Recht und auch die Pflicht, ihre Gene an die Gattung weiterzugeben. So lange, wie dies vor allem ihr körperlicher Zustand zuläßt. Der Beginn ist ein Kampf und auch das Ende dieser Periode wird zumeist durch einen Kampf mit einem Rivalen beendet."
"Wie bei den Hirschen in der Brunftzeit?"
"So ist es! Und nicht nur beim Rotwild im Wald, beinahe überall in der Tierwelt wird diese Art der Fortpflanzung praktiziert. Schwache, kränkliche männliche Artgenossen haben keine Chance, ihre Gene weiterzugeben. Es sei denn, der Zufall führt zum einen oder andern Geschlechtsakt. Wie es eben überall diese Ausnahmen im Leben gibt, die erst die Regel bestätigen!"
"O.k., kommen wir zu uns Menschen. Du wolltest mir doch deine Ansichten zu den geschlechtlichen Beziehungen unserer Gattung darlegen."
"Ruhig Blut! Da komme ich gleich darauf zu sprechen. Nur noch eines: In der Tierwelt wird durch diese Art der Fortpflanzungs-Regulierung erreicht, dass sich dadurch die Art erstens nicht allzusehr vermischt und zweitens, dass damit auch vorgesorgt wird, dass sich nur die besten Gene weiter verbreiten, um so die Art vor Krankheiten und degenerativen Abnützungserscheinungen zu schützen!"
"Du glaubst also, da steckt ein ganz natürlicher Plan dahinter?"
"Absolut! Und alle jene Arten von Lebewesen, die der Mensch noch nicht domestiziert und damit auf seine Art umgezüchtet oder bewusst oder unbewusst vermischt hat, alle diese Arten haben sich gesund und stark erhalten. Was ihre Fortpflanzung betrifft. Natürlich sind auch sie von der allgmeinen Evolution, von der Veränderung ihrer Umweltbedingungen etc. nicht ausgenommen. Und wenn die eine oder andere Art tatsächlich Schaden genommen hat oder womöglich gar ausgestorben ist, so allein deshalb, weil Umweltbedingungen ihre Nahrungsquellen geschädigt haben oder Klimaveränderungen, Seuchen oder andere Schädlinge dafür verantwortlich waren."
"Und weiter? Was ist mit uns?"
"Du willst meine Meinung zur Fortpflanzung der Menschen wissen?" Er schaut mich dabei auffordernd neugierig an und wartet gespannt auf meine Antwort.
Ich: "Der Trieb ist höchstwahrscheinlich ausschlaggebend! Und vielleicht auch dieses Gefühl der Liebe. Was weiß ich!"
"Siehst du. Da haben wir den springenden Punkt. Dieses Gefühl mit dem das alles geschieht. Das macht den Unterschied aus. Und, dass zu diesem Gefühl noch der Instinkt, der Trieb und sehr oft auch noch der Verstand, die Ratio ihre Hand mit im Spiel hat. Bei den Tieren ist es vermutlich nur der Trieb, der alles in dieser Hinsicht regelt und die Kraft, die Energie mit der diesem Trieb der Erfolg gesichert wird."
"Du meinst also, bei uns Menschen kommen hier drei Faktoren zum Einsatz?"
"Zumindest diese drei vorhin angeführten Elemente. Vielleicht sind es aber noch wesentlich mehr, wenn ich das so recht bedenke. Der Trieb ist ganz bestimmt an die erste Stelle zu reihen und das Gefühl, das schließlich zum Geschlechtsakt führt, ist für mich mit dem Ausbruch eines Vulkans zu vergleichen und - sofern es sich in beiden Partnern weit genug ausgebreitet hat - einem derartigen inneren Ausbruch gleichzusetzen und durch nichts zu verhindern. Nicht einmal durch die Ratio, die nur dann eine Chance hat, einzugreifen, wenn sich der Trieb und das Gefühl der sexuellen Begierde sich noch in einem eher anfänglichen Stadium befinden."
"Interessant, was du da so von dir gibst!"
"Da staunst du, was?"
"Kann man wohl sagen. Aber du hast noch andere Einflüsse angedeutet."
"So ist es! Stell dir vor, der Trieb und das Gefühl allein würden ausschlaggebend für die Fortpflanzung bei uns Menschen sein. Was würde geschehen?"
Ich denke kurz nach und komme zum Schluss, dass es dann vermutlich ähnlich wie bei den Tieren ablaufen würde. Mit unzähligen Rivalenkämpfen um die Gunst der Weibchen und wo bei diesen Kämpfen naturgemäß die größeren und stärkeren männlichen Exemplare erfolgreich sein würden. Das sage ich dann auch so.
"Richtig, mein Junge! So ist es! Die körperlich Stärksten würden sich die attraktivsten weiblichen Wesen ganz einfach nehmen. Ob es den Kleineren und Schwächeren nun recht wäre oder nicht! Und es würde ein ständiger Kampf um diese Position herrschen. Nicht nur mit Gewalt verbunden, sondern oftmals auch mit Mord und Totschlag endend. Wie das ja auch bei den Tieren immer wieder bei derartigen Rivalen-Kämpfen zu sehen ist. Sofern sich nicht im Lauf der Jahrtausende oder gar Jahrmillionen hier sogenannte Schutzfaktoren gebildet haben, die verhindern sollen, dass sich die Stärksten der Art durch solche Kämpfe womöglich gegenseitig vernichten. Deshalb gibt es in vielen Bereichen hier eher Scheinkämpfe oder es genügen bereits Drohgebärden, um Rivalen zu verscheuchen."
"Du bist noch immer bei den Tieren. Das ist zwar interessant, doch ich will von dir deine Meinung zu uns Menschen hören und was da alles in deinem Kopf zu diesem Thema herumschwirrt."
"Du hast absolut Recht, wenn du sagst, dass du meine Meinung dazu hören willst. Meinungen zu allen erdenklich Fragen sind so vielfältig und verschieden, wie es verschiedene Arten von Steinen gibt. Um nur eine Art von verschiedener Gleichartigkeit hier anzuführen. Jeder Mensch hat seine eigene Meinung zu diesem oder jenem Thema und nur geistig nicht allzu aktive antriebsschwache Menschen bilden sich keine eigene Meinung und schließen sich eher Meinungsbildnern an. Doch diese Meinungsbildner sind nicht nur wie Rattenfänger hinter leichtgläubigen Mitmenschen her, sie sind selbst Opfer ihrer eigenen und keinesfalls immer richtigen und zielführenden Meinung."
"Errare humanum est!" Ich werfe diese lateinischen Brocken meinem Gegenüber hin und bin erstaunt, dass er darauf sofort antwortet.
"So ist es! Irren ist absolut menschlich und nichts, aber schon gar nichts auf dieser Welt ist als absolut sicher und durch keinen Gegenbeweis als total gegeben hinzunehmen!"
"Und was ist mit dem Tod? Der kommt doch ganz bestimmt zu jedem von uns Lebewesen. Ist das nicht ein Stück absoluter Gegebenheit?"
"Du magst in diesem Fall Recht haben. Wobei ich auch da nicht sicher bin, ob es da nicht auch noch ein weiteres Leben gibt. Der körperliche Verfall ist sicher, aber ob die sogenannte Seele, der Geist, die Gedanken nicht irgendwie weiterschwirren oder weiterleben, weiß ich nicht - doch das könnte durchaus so sein."
"Lassen wir dieses Thema! Das ist zu umfassend, um hier weiterzukommen. Doch irgendwann sollten wir uns auch darüber unterhalten. Du wolltest doch bei den geschlechtlichen Beziehungen der Menschen weiter deine Gedanken vor mir ausbreiten."
"O.k. Fassen wir zusammen: Der Mensch pflanzt sich fort, indem er seinem Trieb gehorcht, sein damit einhergehendes Gefühl bejahend einsetzt und vielfach auch seine Vernunft mit ins Spiel bringt. Und diese Vernunft, dieser Einsatz seiner Ratio verdanken es die Menschen vielfach, dass es in den allermeisten Fällen von zwischenmenschlichen geschlechtlichen Verbindungen im sexuellen Bereich zu keinen außergewöhnlichen und gewalttätigen Vorfällen kommt. Sieht man von Ausnahmen ab, die natürlich auch immer wieder vorkommen. Denken wir nur an Vergewaltigungen, wo anscheinend allein der Trieb dominiert und die Vernunft keine Chance hat, zu ihrem Recht zu kommen. Die Vernunft ist hier sozusagen unter einem riesigen Stein begraben und auch wenn sie mit gequälter Stimme unter diesem Stein hervorzurufen versucht, dass hier Unrecht geschieht - es wird nichts nützen. Die Triebgewalt siegt und wälzt alles andere unter sich zu Boden!"
"Was ist mit der Moral, mit dem Gewissen? Wenn wir schon bei diesen Gedankengängen sind?"
"Das sind exakt die Elemente, über die ich auch noch sprechen wollte. Moral, Gewissen, Anstand, Gesetze, Verordnungen, Rechte, Pflichten, Bestimmungen, Vereinbarungen, Glaubensrichtlinien und was es noch alles in dieser Richtung geben mag. Diese Dinge spielen natürlich auch mit. Vor allem bei Menschen mit humaner Bildung, die die ursprünglichen Triebe der Fortpflanzung zum größten Teil lahm legt oder zumindest stark eindämmt. Ist für mich so ähnlich, wie wenn man einen Tiger aus der sibirischen Steppe in einen Zoo bringt und ihn dort hegt und pflegt. Vielleicht darf er auch dort seinem Fortpflanzungstrieb nachkommen. Irgendwann einmal bei einem ebenfalls gefangenen Tigerweibchen. Sofern er nicht durch sein Gefängnisleben alle Lust schon vorher verloren hat."
"Du meinst also, der Mensch hat durch die Zunahme der Vernunft und all dem, was damit in Zusammenhang gebracht werden kann, seine ursprüngliche Art, sich fortzupflanzen, verloren?"
"So ist es! Und es gibt mittlerweilen tausendfach und mehr Gründe, sich wie, warum und zu welchem Zweck fortzupflanzen. Wie sich dieses vor allem vernunftbezogene Verhalten auf die vornehmlich westliche Wohlstandsgesellschaft auswirkt, das wollen wir jetzt und gleich weiter gedanklich behandeln!"
Mein Gegenüber lächelt wissend und auch ich bin guter Dinge, dass ich hier noch sehr viel zu diesem Thema von ihm hören werde.
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Wie sich das Gespräch in weiterer Folge über diesen ganz bestimmten Bereich der Fortpflanzung des Menschen und seiner damit verbundenen Auswirkungen auf die künftigen Generationen entwickelt hat, das können Sie erfahren, wenn Sie eine E-Mail an den Autor abschicken und mittels Lesebeitrag den Text dazu anfordern.