Alles Leben auf diesem Planeten ist letztlich wohl entstanden, weil Wasser vorhanden war. Ohne dieses Element wären wir nicht existent und die Mutter Erde würde wohl vielen anderen Planeten ähneln - kahl und totenstill.
Wo es kein Leben gibt, da gibt es auch keine Gedanken. Wäre doch schade und darum erfreue ich mich am Regen als Grundlage allen Lebens. Ohne Wasser gäbe es nur Öde, wohin das Auge reicht, und bestenfalls wüstenartige Erscheinungsformen. Da behaupte ich bestimmt nichts Neues. Interessanter ist vielleicht meine Behauptung, dass es in manchem Inneren von uns Menschen, vor allem in Ländern mit Wohlstandsstatus bereits dementsprechend aussieht, was die Öde und Leere betrifft. Bleiben wir jedoch beim Regen. Mir persönlich sind Regentage lieber als Stunden, wo die Sonne vom Himmel brennt. Vielleicht verspüre ich das deshalb so deutlich, weil ich ja auch mit Wasser versorgt werden muss.
Wie beinahe täglich nach dem Aufwachen habe ich auch heute zuerst das Radio angedreht und klassischen Klängen gelauscht, weil mir die am frühen Morgen besser bekommen, als das Geschrei aus den Popsendern. Danach ließ ich einige Gedanken in meinem Gehirn kreisen, ungefähr so, wie wenn ein Bussard am Himmel seine Kreise zieht, um eventuell Fressbares zu erspähen. Weil ich beim Schlafen zumeist die Balkontüre einen Spalt offen stehen lasse, deshalb vernahm ich trotz der leisen Musik angenehm das Plätschern des Regens und es begann sich so etwas wie ein Glücksgefühl in mir auszubreiten. Regen, herrlich, und das Prasseln passte sich irgendwie den Klängen der Flöten und Violinen an. Womöglich hat der Mozart auch bei Regen komponiert. Kann durchaus sein. Maler, Bildhauer, Schriftsteller, Komponisten, Philosophen und dergleichen schaffen ganz allgemein lieber in Regenperioden. Hört man zumindest. Und ich? Hinein in die (wetterfesten) Klamotten und ab in den Wald.
Heute hat der Regen etwas für mich sehr Angenehmes mit sich gebracht. Die Hundebesitzer ließen ihre Köter nur kurz vor die Türe, wo sie dann auch gezielt die Bäume besprengten und in die Wiese schissen. Wenigstens in die Wiese und wenigstens die meisten von ihnen. Heute trat ich kaum einmal in die Hundescheiße, bei so einem starken Regen können ja höchstens Spinner spazieren oder womöglich gar laufen gehen. Ein Grund mehr für mich, den Regen zu lieben. Natürlich hab ich Glück in einer ländlichen Gegend zu hausen und in einer Ferienwohnanlage eine kleine Wohnung gemietet zu haben. Mit Balkon und Garage und einer funktionierenden Heizung.
Nach ein paar Minuten in dieser Morgenfrische blieb ich bei einer Kuhherde stehen, die sich unter einige Fichten gestellt hatte, um sich vor dem Regen zu schützen. Lauter herrlich anzusehende Rindviecher und sie schauten zumindest gleich blöd drein wie mancher Mitmensch, wenn er mich durch den Regen laufen sieht. Rindviecher mit Kälbern in allen Größen und etlichen halbwüchsigen Stieren, von denen zwei immer wieder versuchten, auf eine Kuh mit schlankem Leib und adrett nach vor gestreckten Hörnern aufzureiten. Ganz so wie ich das in meiner frühen Jugendzeit sehr oft bei der einen oder anderen gut bestückten Lady gern gemacht hätte. Auch ich trug da nicht selten solche Gedanken mit mir herum. Die Kuh schüttelte nur den Kopf, wie mir schien, machte einige Schritte aus dem schützenden Wald und ließ lieber den Regen auf sich klatschen als diese Halbstarken aufreiten. Keine Chance für die zwei und auch bei mir blieb es zumeist beim Wollen.
Dann setzte ich mich wieder langsam in Bewegung, musste jedoch ab und zu ganz einfach stehen bleiben. Nicht, weil ich womöglich außer Atem gewesen wäre, ganz und gar nicht! Einfach deshalb, weil ich irgendwie spürte wie dankbar jeder Baum, jeder Strauch, jeder Halm, jedes Blümlein für diese Spende aus den Wolken zu sein schien und wie herrlich es ob diesem Segen der Natur im Tann duftete. Nach abgefallenen Nadeln, nach von Regenwasser triefendem Moos, nach begossenen Farnen und Kräutern, an denen schwer die Tropfen hingen und sich erst nach und nach zu Boden gleiten ließen.
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Beim Wort Regen denke ich natürlich auch an peitschende Regengüsse, an Schauer bis hin zu hühnereigroßen Hagelschloßen, an tagelange starke Regenfälle, an Überschwemmungen und Murenabgänge, an gewaltige Naturkatastrophen - vom Regen verursacht.
Vielleicht ist der Mensch doch ein wenig zu weit gegangen und hat sich in Regionen niedergelassen, die dafür nicht geeignet sind. Was soll ich dazu sagen? Natürlich tun mir all die Betroffenen und von den Wassermassen an Hab und Gut oder womöglich sogar an Leib und Seele Geschädigten leid. Doch man kann doch nicht diese wunderbare Gabe des Himmels für jeden Schaden in dieser Richtung verantwortlich machen.
Ein bisschen mehr an Gespür für die Natur, ihre Erscheinungen und Gewalten und es gäbe vermutlich kaum noch Opfer durch Regenfälle. Oder etwa doch? Ist damit vielleicht auch ein gewisser Fluch verbunden? Ganz gewollt und ganz im Sinne der Schöpfung? Und ich denke dabei an die unglaubliche Geschichte mit dieser Arche als warnendes Signal für uns Menschen und dass es durchaus Zeiten geben könnte, wo uns das Wasser nicht nur sprichwörtlich bis zum Halse stehen könnte, wenn wir es mit der Natur zu bunt treiben und der Himmel zur Strafe seine Pforten öffnet und sich der Segen praktisch über Nacht in einen alles ertränkenden Fluch verwandelt und all das ins Wasser zurückholt, aus dem einst alles Leben entstanden sein dürfte ...