Ein Esel an der Distel kaut schon zeitlich, als der Morgen graut. Genüsslich schluckt er Stacheln runter, er fühlt sich wohl, er fühlt sich munter.
Ach, denkt er, wie ist die Welt doch schön, kann fressen, brauch nicht zur Arbeit gehn. Hör das Wasser rauschen, seh vor mir die Wellen, lass das Leben mir durch nichts vergällen.
Und später, als die Sonn hochsteigt und sich das Blau des Himmels zeigt, da weiß er, es ist an der Zeit zu ruhn wie gestern, so werd ichs auch heute tun.
Natürlich wars nicht immer so: geborn, verkauft - und dann der Zoo. Zehn Jahre streicheln und begaffen, beinahe so wie bei den Affen.
Doch dann der Glücksfall, er wird frei an diesem Tag im Monat Mai. Zu alt ist er für Kinderhände, das gibt den Ausschlag, bringt die Wende.
Und jetzt isst er sein Gnadenbrot auf dieser Insel - ohne Not. Kann i-a-en, gehen, stehen, dösen - was früher war, das ist gewesen.
Fern ab von Stress und Wohlstandsdünkel legt er sich dann ins schattge Winkel. Gleich hinten, unter den Oliven, wo auch schon seine Ahnen schliefen ...