Richtig zurückerinnern kann ich mich erst ab dem vierten, fünften Lebensjahr. Wir wohnten in einem kleinen Ort in der Obersteiermark, wohin meine Eltern gezogen waren, als ich noch ein Baby war, und mein Bruder Herbert mit seinen vier Jahren war natürlich auch mit von der Partie. Wir wohnten in einem für mich wunderschönen Haus, in dem weitere drei Familien lebten. Neben uns im ersten Stock eine Frau mit ihrem Mann, dem ich immer beim Zigarettenstopfen helfen durfte. Die beiden hatten zwei Töchter, eine um etliche Jahre ältere Tochter, an die ich mich kaum noch erinnern kann, doch an die jüngere Tochter kann ich mich noch sehr gut erinnern, gleich alt in etwa wie mein Bruder. Ein hübsches Mädel mit schwarzem Haar und blauen Augen, die hab ich beim Zigarettenstopfen bestimmt öfter angesehen als den Tabak und, soweit ich das jetzt beurteilen kann, hab ich wohl wegen ihr so oft beim Zigarettenstopfen geholfen. Denn hübsche weibliche Wesen haben mich schon seit eh und je fasziniert.
Die Holzstiege abwärts wohnte eine Familie mit einem in etwa um zehn Jahre älteren Sohn, dem Fritz. An den kann ich mich deshalb so gut erinnern, weil er eines Nachts am Dachgiebel entlang balancierte, die Hände hielt er nach vor gestreckt, wie das eben Mondsüchtige für gewöhnlich tun. Mein Vater hat uns diese Geschichte einmal erzählt und dass er ihn dabei ertappt hätte, als er knapp nach Mitternacht von seiner Nachtschicht nach Hause kam. Auf keinen Fall wollte er ihn erschrecken oder gar aufwecken, als der Fritz im Nachthemd am Dach entlang schritt und der Vollmond die Landschaft gespenstisch beleuchtete. Mein Vater blieb stehen und sah, wie der Fritz wenig später wieder an der Dachrinne zu Boden kletterte. Mein Vater arbeitete damals im Sägewerk, etwa zehn Minuten weit weg. Eine Woche von 6 Uhr morgens bis 15 Uhr, die nächste wieder von 15 Uhr bis zur Mitternacht. Ob die Geschichte tatsächlich wahr ist, weiß ich natürlich nicht. Doch mein Vater erzählte sie uns Buben so eindrucksvoll, dass ich diesen Jüngling ganz genau vor mir sah, wie er in dieser Vollmondnacht am Dachgiebel dahinwandelte.
Mein Vater erzählte uns Buben viele Geschichten und eine jede war zumindest für mich noch interessanter als die zuvor. Den ganzen Tag lang hätte ich ihm zuhören können. Meine Mutter las schon seit ihrer Kindheit stundenlang in allen möglichen Büchern und ganz bestimmt hätte sie uns einiges von all dem Gelesenen erzählen können, doch er erzählte Geschichten aus seinem Leben. Bücher wird mein Vater kaum gelesen haben, sein Leben war voll von Arbeit und deshalb wird er wohl täglich müde in sein Bett gefallen sein. Und weil wir ja Holz zum Heizen für unseren Herd brauchten, deshalb schleppte mein Vater jedes Mal einen Sack voll Holzscheiteln auf seinem Rücken hinauf zu unserer, von der Herrschaft zur Verfügung gestellten Wohnung. Zu diesem Vier-Parteienhaus, das etwas erhöht stand und von dem wir Kinder im Winter Schneekugeln über den steilen Abhang in den am Sägewerk vorbeifließenden Bach rollen lassen konnten.
Aber weiter zu den Familien, und jetzt kommt bereits einer meiner Freunde an die Reihe. Einer, den ich seit dieser Zeit so gut wie nie mehr gesehen hab. Er hieß Adolf, Jahrgang 1941, ich 1946, mein Bruder Herbert 1943. Adolf war mein bester Freund in diesen Jahren meiner Kleinkindheit und mein Lehrmeister in vielen Dingen. Er hatte drei Brüder und eine sehr nette rundliche Mutter mit roten Wangen und sehr gutmütig. Adolfs Vater war aus dem Krieg nicht heimgekehrt und deshalb lebte diese Frau allein mit ihren Söhnen direkt unter uns. Dem Peter, einige Jahre älter als der Adolf, und dann noch dem Hermann und dem Toni. Beide bereits erwachsen, verheiratet und sie wohnten einige Kilometer weg im Ort. An den Peter erinnert mich vor allem die Geschichte mit dem Stromausfall. Der Strom fiel bei uns öfters aus, das weiß ich noch ganz genau, vor allem in den Winternächten, wenn der Sturm ums Haus tobte und nicht selten ein umstürzender Baum die Lichtleitung irgendwo kappte. Deshalb hatten meine Eltern immer Kerzen bereitliegen. Doch diesmal brauchten wir keine Kerzen, es war noch hell und eigentlich benötigte niemand Strom während des Tages. Geheizt und gekocht wurde auf gemauerten Herden, Fernseher hatte nach dem Krieg niemand im Haus, ich kann mich an den ersten erinnern, als wir bereits wieder in meinen Geburtsort zurückgezogen waren. Das war allerdings einige Jahre später.
Warum der Peter schließlich im riesigen Vorhaus auf den Tisch und dann noch auf einen daraufgestellten Sessel stieg, um zum hochliegenden Sicherungskasten zu kommen und um nachzusehen, ob vielleicht eine Sicherung schuld am Stromausfall sein könnte, das lag daran, dass die Polzers ein altes Radio in ihrer Wohnküche stehen hatten, und dieses plötzlich streikte. Adolf und ich waren natürlich neugierig und schauten dem Peter bei seiner Tätigkeit zu. Er stand hoch oben auf dem Sessel und fummelte an den Sicherungen herum. Plötzlich ein Schrei, und schon flog er in hohem Bogen herunter auf den Boden. Seit damals übte auch ich mich öfters heimlich im Fluchen, es hörte sich irgendwie gut an und war außerdem streng verboten. Der Peter hat uns das damals lautstark nahegebracht und immer wieder schüttelte er auch noch danach seine Hand, an der er sich scheinbar elektrisiert hatte. Das Lachen konnten wir uns kaum verhalten, aber wehe, er hätte es bemerkt. Wir rissen uns zwar nicht darum, doch Ohrfeigen gehörten zu unserem Leben wie das tägliche Brot und wir Buben brauchten sie tatsächlich ab und zu. Ohne die eine oder andere auszufassen, hätte uns womöglich irgendetwas gefehlt.
Adolfs Mutter war, wie gesagt, eine sehr liebe, etwas rundlich gebaute, nicht allzu große Frau mit einem riesigen Herzen für uns Buben. Mich mochte sie anscheinend besonders. Eine echte Ausnahme, die meisten Nachbarinnen haben mich wegen meines allzu stürmischen Temperaments eher gefürchtet, wenn ich mich recht erinnern kann. Nicht so die Mutter vom Adolf. Bei meinem Freund fühlte ich mich echt wohl und öfters als in unserer Wohnung werde ich mich wohl bei den Polzers aufgehalten haben. Da gab es immer ein nettes Wort für mich und auch den einen oder anderen guten Happen zu essen, was in Zeiten wie diesen nach dem Krieg durchaus nicht selbstverständlich war.
Der Adolf war das Maß aller Dinge für mich. Besonders, wenn es darum ging, in den nahe gelegenen Stall zu gehen, um dort die Hühner aufzuscheuchen, ihnen das eine oder andere gelegte Ei zu entwenden und roh auszutrinken. Vom Adolf angelernt und, nach einiger Gewöhnung, echt lecker. Zu oft konnten wir uns das allerdings nicht erlauben, zählten doch alle im Hause wohnenden Parteien täglich ihre Eier und wehe, eine Henne legte einige Tage keines. Da gab es dann den Sonntagsbraten, und so mancher Hahn landete ebenso in der Pfanne, wenn er seiner Aufgabe nur noch schlecht nachkam und die Hennen nicht mehr ordentlich bückte.
Der Stall hatte für mich immer etwas Geheimnisvolles an sich. Mit den Ziegen darin und den grunzenden Schweinen, die mein Vater zumeist an Tagen, wenn der erste Schnee vom Himmel fiel, mit einer riesigen Axt vom Leben zum Tod beförderte. Aber davon später. Sehr gut kann ich mich noch an unseren Ziegenbock erinnern und an einen weißen Gockelhahn, aus dessen Krallen mich der Adolf einmal regelrecht rettete, weil der Gockel mich brutal angehüpft war und mich bereits am Boden liegend mit seinem Schnabel zu attackieren begann. Da kam mein Freund dazwischen. Entschlossen versetzte er dem Hahn einen Tritt, dass die Federn nur so davon stoben. Der Adolf war eben größer und mutiger als ich. Viel mutiger, stark und gewandt. Ich denke, der hätte es sogar mit unserem Ziegenbock aufgenommen, diesem stinkenden Vieh mit den gewaltigen Hörnern, zu dem alle Nachbarn aus nah und fern mit ihren an der Kette geführten Geißen kamen, damit er dann seines Amtes walten konnte.
Wir Buben durften dabei nicht zusehen, doch aus einer hinter der Stallwand liegenden Rumpelkammer mit einem extra dafür ausgehöhlten Astloch spähten wir abwechselnd in den Stall und beobachteten mit klopfendem Herzen, wie der Bock sich an die jeweilige Geiß heranmachte, seine Lippen weit nach vor schob, am Hinterteil der Geiß schnüffelte und wild schnaubte, bevor er aufritt. Der Adolf befahl mir, zuzusehen, weil ich das vorerst nicht wollte und ganz einfach irgendwie Angst davor hatte. Vor diesem gewaltigen Bock, der um etliches größer war als ich Dreikäsehoch. Und wenn ich auch niemals gern gehorchte, beim Adolf getraute ich mich nicht, nein zu sagen.
Einer unserer Nachbarn hatte eine Kuh, eine fahle, nicht allzu gut genährte. Wir selbst hatten Ziegen, zwei, drei Stück. Die geben auch Milch, sagte mein Vater, und sie fressen nicht soviel wie Kühe. Eine gute Logik und so ernährten wir Buben uns eben nicht von Kuhmilch, sondern von der Milch unserer Geißen. Mir hat sie nie besonders gut geschmeckt, aber was solls.
"Gegessen wird, was auf den Tisch kommt!", lautete bei uns zuhause die Devise und wer Hunger hat, der isst, was er hingestellt bekommt. Die Nachkriegszeit war eben alles andere als rosig. Aber auch da wusste sich der Adolf zu helfen, wollte er doch ab und zu etwas anderes essen als die ständigen Kartoffeln oder die Nocken, den Grießbrei, die Fladen oder selbstgemachte Nudeln. Hin und wieder gab es zwar ein Stück Fleisch von der selbst geschlachteten Sau, aber doch eher selten. Adolf wusste genau, wo es leckere Stücke für seinen Gaumen gab, die schwammen zu Dutzenden im Waaggrabenbach nur wenige Minuten weg von unserem Haus auf der anderen Seite des Hügels und etwas unterhalb liegend. Herrliche Forellen, die sich blitzschnell unter irgendwelche Steine zurückzogen, wenn wir an den Bachrand traten. Und genau das besiegelte bei sehr vielen ihr Schicksal. Denn der Adolf war ein Meister des Fischens mit bloßen Händen und bei jedem Fisch, den ich auch noch Jahre danach aus irgendeinem Wasser gezogen hab, dachte ich an meinen Lehrmeister in diesem Fach.
"Wir müssen nachschauen, wohin sie flüchten und dann ran an die Dinger!"
Im Nu hatte er seine Schuhe ausgezogen, sofern wir im Sommer nicht ohnehin barfuss durch die Gegend liefen und pirschte sich an den Stein heran, unter den ein Fisch geschwommen war. Vorsichtig fuhr er mit beiden Händen ins Wasser, suchte die Öffnung unter dem Stein, unter dem der Fisch steckte, blockte den Ausgang mit nach oben gespreizten Fingern ab, und ich sah die Erregung in seinem Gesicht, wenn er den Fisch gefasst hatte, sah das Zucken in seinen Augen, sah an den Muskeln seiner Arme, wie er zupackte, um wenig später den sich in seinen Händen windenden Fang emporzuheben und mit seiner Beute an den Bachrand waten. Die Kiemen bewegten sich schnappend auf und zu, aber nicht lange, denn schon knallte Adolf den Kopf auf einen Stein. Ein-, zweimal, manchmal auch dreimal. Dann war Ruhe eingekehrt und nur noch selten zuckte der bereits leblose Fischkörper. Natürlich gingen etliche meiner anfänglichen Fangversuche daneben und die Fische schlüpften mir aus meinen Händen, noch bevor ich sie richtig gepackt hatte. Meine Finger waren wohl zu klein und ich vielleicht auch zu wenig kräftig. Aber irgendwann hatte ich den ersten geschafft und Adolf nickte mir aufmunternd zu und klopfte mir auf die Schulter.
"Und jetzt schlag ihn ab!", und ich tat, was er mir anschaffte.
Warum ich dem Adolf beinahe schon blind gehorchte, das hat mich immer irgendwie gewundert. Mit meinem Bruder hab ich eher gestritten, als das getan, was er hin und wieder von mir verlangte. Vor allem, wenn wir Holzscheite aufschlichten mussten, die unser Vater aus seinem Sack vor die Hüttentür geleert hatte. Aber beim Adolf dachte ich kein einziges Mal an eine Befehlsverweigerung. Irgendwie hat er mich immer total fasziniert. Erst viel später kam ich der Sache auf die Schliche. Er war an einem Sonntag geboren, und Sonntagskinder scheinen tatsächlich geheime Kräfte an sich zu haben. Behauptet man zumindest im Volksmund.
Weit oben auf der Niederalm lebte eine alte Frau mit ihrem Sohn. Die beiden waren seltsam anzusehen. Die Mutter ging tief gebückt, den Kopf nach unten gestreckt und in der einen Hand einen Stock haltend des Weges. Dahinter ihr Sohn, auch irgendwie schief gebaut, und auf seinem Rücken trug er einen Rucksack. Von der Alm ins Tal war dieser Rucksack leer, doch hinauf zu ihrer alten Hütte, in der die beiden lebten, war er zumindest teilweise voll. Ein-, zweimal in der Woche gingen die beiden auf ihrem über eine Stunde dauernden Fußmarsch ins Tal, um ein paar Dinge beim Krämer zu besorgen. Mehl, Zucker, Brot oder vielleicht sogar irgendwann eine Süßigkeit für den etwa 20-jährigen Sohn, der seinen Kopf immer ganz schräg hielt, und der zumeist undefinierbare Laute von sich gab, so oft ich ihn sah.
Mein Herz klopfte vor Freude, wenn der Adolf und ich den beiden am Sonntag nach dem Kirchgang einige unserer während der Woche gefangenen Fische in die Hand drückten, die wir in einem kleinen Tümpel am Bachrand eingesperrt hatten. Die Alte und ihr behinderter Sohn freuten sich jedes Mal riesig und schüttelten uns dankbar die Hände. Fischen war zwar verboten, aber der Adolf wusste, wann die Luft rein war, weil sich der Förster weit weg im Revier befand. Da schlugen wir zu und weil wir stets barfuss durch den Bach wateten, schnitt ich mir bei einem dieser Raubzüge einmal beinahe den kleinen Zehen vom rechten Fuß ab. Er hing nur noch lose an mir und das Wasser färbte sich blutrot, ehe mir der Adolf mit seinem Taschentuch einen Verband anlegte. Damit rettete er wohl meinen Zehen. Ich war auf einen Glasscherben getreten, von denen etliche im Bach lagen, warfen wir Buben doch ab und zu leere Flaschen in die Fluten und freuten uns, wenn sie in tausend Scherben an den Steinen zerplatzten.
Übrigens: Bei dem behinderten Sohn der buckeligen Alten dürfte es
sich wohl kaum um ein Sonntagskind gehandelt haben. Und schon gar nicht
um einen echten Prinzen, von denen ich weiter hinten berichten werde.
Hieflau war für mich vor allem deshalb so etwas wie ein Paradies, weil unser Haus in einer etwas abgelegenen Gegend stand, mit vielen Hütten, aus denen es so herrlich nach geschnittenem oder gehacktem Holz roch und in denen wir Kinder auch öfters die Axt schwangen, nicht der Gefahr bewusst, uns damit wohl auch ernstlich verletzen zu können. Es gab die verschiedensten Stallungen, die riesige Tenne hinter dem Haus mit den schon beschriebenen Kutschen, wo wir uns vor allem in den Stunden, wenn der Regen auf die Dächer prasselte, gerne aufhielten. Rundum standen hohe Fichten oder Tannen und riesige Buchen, Kastanienbäume, gewaltige Eichen, auf denen wir herumkletterten.
Schön war für mich die Zeit vor allem auch deshalb, weil ich so gut wie keine Pflichten zu erfüllen hatte. Ich brauchte in den ersten Jahren noch nicht zur Schule latschen und meine Eltern ließen mir viel Freiraum, um herumtollen zu können. Manche Stunde verbrachte ich bei meinem Vater auf dem Sägewerk und das Auf- und Abzischen des Sägegatters war Musik in meinen Ohren, wenn es die riesigen Baumstämme zerschnitt und die Sägespäne nach allen Seiten davon stoben.
Neben dem Sägewerk wohnte der Onkel Heinerl, ein Cousin meines Vaters mit seinen drei Kindern, mit denen ich genauso gern spielte wie mit den beiden etwas älteren Buben, die gleich in der Nähe in einer armseligen Hütte wohnten. Der Edi hatte Mutter und Vater, doch der Peter nur seine Mutter, der Vater war aus dem Krieg nicht heimgekehrt, und sie waren Nachkriegskinder wie wir selbst. Abgemagert, sehr oft hungrig und durchaus wild und verwegen. Manchmal prügelten wir uns, dann wieder saßen wir in irgendeiner Holzhütte im Dunkeln beisammen. Die Annemarie vom Onkel Heinerl, ihre Schwester Ilse, der Edi, der Peter und der Willi. Ich saß sehr gern im Halbdunklen zwischen den Mädels, sie rochen so anders, als wir Buben, und es tat mir immer richtig gut, eine von ihnen im Dunklen ein wenig an mir zu spüren. Das will ich gar nicht leugnen oder ein bisschen zu schauen, was bei ihnen denn so anders war als bei uns Buben. Einfach herrlich! Damals hatten die Mädels ja noch keine engen Jeans an. Nur Kittel, die schnell ein wenig hoch rutschten. Aber ich war der Jüngste bei all diesen Kinderspielen und ich freute mich jedes Mal, wenn ich mitmachen durfte. Immer war das ja nicht der Fall, manchmal verjagten mich die Größeren mit den Worten: "Das ist nichts für dich, Kleiner!", schoben mich zur Tür hinaus und ich trat zornig dagegen.
Dafür durfte ich eines und das war ganz gewaltig und wunderschön für mich. Neben dem Sägewerk wohnte der Winter Willi, ein Motorradfahrer, und er sagte öfters zu uns, dass er auch an Motorradrennen teilnehmen würde. Von solchen Rennen hab ich damals eigentlich so gut wie keine Ahnung gehabt. Doch eines war echt super: Wenn der Willi mit seiner Maschine auftauchte, dann war was los! Im Winter befestigte er manchmal einen langen Strick an seiner "Horex Regina" und wir Buben durften uns mit unseren Holzlatten ans Motorrad hängen. Schi kann man zu diesen Geräten ja kaum sagen und doch waren es welche. Ohne Stahlkanten, aus einfachem Holz angefertigt mit einer losen Bindung, in die wir mit unseren Straßenschuhen schlüpften, und ich weiß noch ganz genau, welches Glücksgefühl in mir jedes Mal hochkam, wenn ich am Motorrad hing und der Willi mit mir dahinpreschte. Skikjöring, echtes Skikjöring für uns Buben. Ich ließ nicht so schnell los, wie die meisten anderen, mich schleuderte es in mancher Kurve gewaltig und einmal schlug ich einige Purzelbäume, als es mich rausschmiss aus der Bahn. Ich humpelte zwar ein wenig, aber ich winkte dem Willi, dass alles o.k. wäre, denn ich wollte fahren, immer wieder mitfahren, und ich saugte den Rauch aus dem Auspuff genauso in mich wie noch heute, wenn ich an irgendeiner besonders gut duftenden Lady vorbeigehe.
Natürlich könnte ich stundenlang aus meinen ersten Kinderjahren erzählen, vom Adolf und von mir und von all den Abenteuern, die wir gemeinsam in diesem Paradies erlebt haben. Aber ich will ja auch meine anderen Freunde bei den Erinnerungen aus meiner Kindheit zu Wort kommen lassen.