Mit mehreren Einberufenen stand ich in Salzburg am Bahnhof, besser gesagt am Parkplatz vor dem Bahnhof. Vor uns ein GMC des Bundesheeres. Diese amerikanischen Lkw dienten zum Transport der Truppe, doch der Wagen war bereits gerammelt voll mit Jungmännern, die vom Bahnhof zur Kaserne gebracht werden mussten.
"Anfahren! Halt!", wiederholte der Kommandant des Fahrzeuges seinen Befehl. Der Fahrer fuhr los und latschte bei "halt!" auf die Bremse, so dass die bereits auf der Ladefläche Sitzenden durch das jähe Abstoppen wie Sardinen zusammengepresst wurden, und auch wir Wartenden noch aufsitzen konnten. Irgendwie war ich fasziniert von dieser Methode, Platz auf dem Lkw zu schaffen. Da gab es kein: "Bitte zusammenrücken!", was nichts gebracht hätte, weil keiner der auf dem Wagen Sitzenden bereit gewesen wäre, freiwillig noch weiter zusammenzurücken, wo doch ohnehin bereits jeder dieser Neuankömmlinge mehr auf als neben seinem Nachbarn saß. Rasant anfahren und ruckartig bremsen - das war zwar brutal, doch wirksam und hatte einen Beigeschmack von Härte an sich. Deshalb freute ich mich auf den frischen Wind, der mir in den nächsten Monaten um die Ohren wehen würde.
An manchen Tagen verging mir diese Freude jedoch ganz gehörig, wenn wir zum Gefechtsdienst antraten und von unserer Unterkunft aus in Vierer-Rotten wegmarschierten, das Sturmgewehr geschultert, den Eisenhelm auf dem Kopf, der Spaten an der Hüfte baumelte und unsere Schuhe im Marschschritt über die Schotterwege knarrten, weil wir uns laut singend dem Übungsgelände näherten.
Sprung vorwärts! Decken! Weiterrobben!
Laut hallte das Kommando bereits eine Stunde lang an unsere Ohren und jedes Mal sprangen wir auf, liefen einige Schritte nach vor, hechteten uns bei "decken!" in den Dreck und krochen wie Echsen über den schlammigen Acker. Weiß leuchtete der Schnee von den Bergen, es nieselte und der Boden im Gefechtsgelände glich einem Kartoffelacker. Das Wetter passte zu unserer Stimmung und schwer klebte die Erde an unseren Uniformen. Meine Finger waren steifgefroren, die Lippen blau, die Gesichter meiner Kameraden ebenso dreckverschmiert wie meins und ich war froh, als das ständige Aufspringen, sich wieder in den Dreck werfen und wie Regenwürmer vorwärts zu kriechen, endlich vorbei war und wir zur Abwechslung mit unseren Spaten einen Schützengraben ausbuddeln mussten.
Damals hab ich oft geflucht und das Militär verwünscht, wenn wir nach dem Gefechtsdienst in voller Adjustierung und mit dem Gewehr in der Hand, das als solches kaum erkennbar war, unter der Dusche standen und das Wasser minutenlang über unsere dampfenden Körper rinnen ließen, weil wir anders kaum eine Chance gehabt hätten, den an uns klebenden Dreck zu entfernen, mussten wir doch eine Stunde nach unserem Heimkommen vom Gefechtsdienst bereits wieder mit gesäuberter Ausrüstung zum Appell antreten. Um einen Nachappell kam ich kaum jemals herum, irgendetwas hatte unser Ausbilder immer an mir auszusetzen, gehörte ich doch eher zu den Aufmüpfigen und nie zu seinen brav gehorchenden Lieblingen.
Es waren anstrengende sechs Wochen Grundausbildungszeit, in denen manches Muttersöhnchen zum ersten Mal ein wenig Härte zu spüren bekam. Beinahe täglich marschierten wir ins Gelände zum Gefechtsdienst, exerzierten stundenlang am Kasernenhof oder marschierten durch die Nacht. In unserem Schlafsaal für ungefähr 30 Jungmänner stank es immer fürchterlich, mussten wir doch stets Bergschuhe mit Gamaschen tragen, und manches Paar Socken wäre wohl neben dem Bett gestanden, hätte man es hingestellt und mitunter meinte ich, in einer Käsefabrik hausen zu müssen.
Danach folgte die Zeit der Spezialisierung an den einzelnen Geräten und Waffen, die Zeit der täglichen Ausgänge nach Dienstschluss bis zum Zapfenstreich, verbunden mit geselligen Vergnügungen in der Mozartstadt. Doch unser Sold war denkbar gering und so mussten wir uns nach "Sponsoren" umsehen. Dafür eigneten sich am besten einige Mädels mit denen wir unsere Freizeit verbrachten. Sie bezahlten unser Bier und wir schenkten ihnen dafür ein bisschen von unserer Männlichkeit. Eine wohltuende Symbiose sozusagen!
Dann ließ ich mich mit einigen meiner Kollegen von der Grundausbildungs-Kompanie sechs Wochen lang in Linz zum Heereskraftfahrer ausbilden. Wir hockten den halben Tag im Lehrsaal, die andere Hälfte des Tages nützten wir zu Fahrten über Stock und Stein, durch Wassergräben und für abenteuerliche Nachtfahrten. Danach wurden wir wieder nach Salzburg überstellt. Vier von uns hatte der Bundesheeralltag nach und nach zu Freunden zusammengeschweißt. Wir versahen zusammen unseren Dienst und verdrückten uns beinahe täglich nach Dienstschluss aus der Kaserne, um uns im Trubel des Salzburger Sommers zu amüsieren. Abenteuer gab es für mich in diesen neun Monaten genügend zu bestehen, und ich könnte wohl ein ganzes Buch über meine Zeit beim Heer schreiben.
Zu viert bewohnten wir nach unserem Kraftfahr-Kurs eine Koje mit zwei Stockbetten in einem Gemeinschaftsschlafsaal für ungefähr 20 Funker. Jeder von uns war Fahrer eines nagelneuen Funkfernschreib-Dodges mit dazugehörigem Anhänger, auf dem sich das Aggregat für die Stromversorgung zum Funken befand. Sofern wir nicht irgendwo außerhalb der Kaserne zu Funkübungen unterwegs waren vertrieben wir uns zumeist die Zeit mit der Wartung und Pflege unserer Fahrzeuge. Diese Fahrzeugpflege erledigten wir auf einem riesigen Platz hinter unseren Unterkunftsgebäuden. Dort waren unsere Dodges in einem vorne offenen Hangar mit Kojen für die einzelnen Fahrzeuge eingestellt. Zur Waschanlage fuhren wir ungefähr zweihundert Meter weit ans Ende dieses Schotterplatzes, wuschen unsere Autos, legten uns danach in die angrenzende Wiese und vertrieben uns zumeist mit Kartenspielen die übrige Dienstzeit. Beim Autowaschen kam es öfters vor, dass wir selbst nasser als unsere Autos waren, bespritzten wir uns doch aus Übermut oder Langeweile gegenseitig mit den Schläuchen. Ich lief einmal einem meiner Freunde mit einem Kübel Wasser über den halben Platz nach, um ihn dann zu übergießen, weil er mir zuvor eine kräftige Dusche verpasst hatte, während ich in der Wiese vor mich hindöste. So trieben wir eben unsere kleinen Scherze. Aufsicht war selten eine zu sehen, und wenn eher zufällig jemand vorbeikam, so werkten wir für diese Augenblicke an unseren Fahrzeugen.
Sehr gerne machten wir Folgendes: Wir setzten uns in die Dodges, fuhren im ersten Geländegang los, stellten die Richtung über den Platz mit dem Lenkrad ein, sprangen danach aus dem im Schritttempo fahrenden Auto und gingen neben dem Wagen über den Platz, während die Dodges wie treu ergebene Hunde neben uns herfuhren. Doch eines Tages hatte ich diese Idee mit der mir wesentlich besser scheinenden Variante ...
Außer uns vier Dodge-Fahrern war kein Mensch am Panzerplatz zu sehen und jetzt nach dem Autowaschen schien mir genau der richtige Moment zu sein, um mein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Ich startete den Motor, sagte zu meinen Freunden, dass sie mir folgen sollten und fuhr bis auf die Höhe unserer Garagen. Dort brachte ich meinen Dodge in die richtige Position zum Einparken in die Koje. Ungefähr zwanzig Meter davor stellte ich den Motor ab.
"Jetzt könnt ihr einmal sehen, wie ein Bundesheer-Kraftfahrer sein Auto beherrscht."
Gespannt warteten meine Freunde auf das, was kommen würde. Doch ich ließ mir Zeit, zündete mir eine Zigarette an und setzte mich auf die Kühlerhaube. Vielleicht brauchte ich die Zigarette zur inneren Beruhigung, denn irgendwie ahnte ich, dass mein Vorhaben vielleicht doch nicht ganz ungefährlich war. Ich machte einen letzten Zug, zertrat die Kippe, stieg in meinen Dodge und startete den Motor. Dann legte ich den Kriechgang ein, überprüfte nochmals die Richtung der Fahrt im Anfahren, sprang aus dem Auto und lief zur Koje. Ich stellte mich an die rückwärtige Bretterwand und winkte den auf mich zukommenden Dodge heran. Mein Herz schlug merklich schneller, während das Auto mit dem Anhänger hinten dran auf mich zufuhr.
"Spring ein - bist du wahnsinnig!"
Einer meiner Freunde rief das aufgeregt. Doch ich wollte den Dodge bis zur Einfahrt kommen lassen. Ein bisschen Nervenkitzel sollte schon dabei sein! Jetzt tauchte die Schnauze des Dodges in die Koje ein, ich stieß mich von der Bretterwand ab, hastete nach vor, riss die Tür auf, schwang mich ins Fahrzeug ...
Wenig später: "Ich hätte nie gedacht, dass er ihn so weit hineinfahren lässt. Er ist ja noch nicht einmal richtig im Auto gesessen, da hat es bereits gekracht."
Um eine Nuance blasser als sonst stand ich neben meinen Freunden. Die Bretterwand hatte der Dodge durchgedrückt, die Scherben von den Scheinwerfern lagen auf dem Boden, die Kotflügel waren verbeult ...
Der Vorfall hatte sich nicht vertuschen lassen, zu viel war dabei kaputtgegangen. Die Holzwand haben wir provisorisch wieder angenagelt, doch die Schweinwerfergläser waren im Eimer und auch die Kotflügel mussten wohl von einem Fachmann behandelt werden. Deshalb ließ ich mich widerwillig überreden, den Vorfall zu melden.
Als ich am nächsten Morgen zum Rapport befohlen wurde, ahnte ich nichts Gutes. Habt acht stand ich beim Rapport, und der Offizier vor mir blickte alles andere als freundlich zu mir her.
"Funker F., Sie standen bereits einmal hier vor mir, weil Sie und Ihre Freunde beim Wettfahren über den Panzerplatz beobachtet wurden."
"Jawohl, Herr Major."
"Funker F., wie konnte das passieren?"
"Ich bin beim Einparken von der Bremse gerutscht."
"So, so - von der Bremse gerutscht."
"Tut mir leid, Herr Major, meine Schuhe waren vom Autowaschen glitschig."
"Funker F., man hat mir den Vorfall anders geschildert. Sie sind ab sofort zur besonderen Verwendung abkommandiert. Verstanden?"
"Jawohl, Herr Major."
Ich hatte Mist gebaut und dazu auch noch Pech gehabt. Nicht nur, weil ich mich verschätzt hatte und zu spät ins Fahrzeug gesprungen war. Dann noch aufs Gas, anstatt auf die Bremse latschte und damit den Dodge regelrecht durch die Holzwand getrieben hatte. Ich hatte auch Pech, weil ein Unteroffizier den Vorfall aus der Ferne beobachtet hatte und seine Beobachtungen unserer vorgesetzten Dienststelle meldete.
Ich war damit einverstanden, dass man mir den angerichteten Schaden von meinem Sold abzog und hatte noch Glück, dass mir der Major gut gesinnt war, spielte ich doch damals in der Kompanieauswahl Fußball und er selbst war Chef dieser Auswahl und ein begeisterter Fußballfan. Sonst wäre ich wohl nicht um eine Disziplinarstrafe herumgekommen.
Ab dieser Zeit ging es mir beim Heer nicht mehr allzu rosig. Weg von meinen Freunden, Kartoffelschälen in der Küche und regelmäßig Wachdienst am Wochenende, wenn sich meine Freunde in der City vergnügten. Das war für mich die ärgste Strafe. Keine Freunde, keine Mädels und ständig Wacheschieben. Harte vier Wochen musste ich auf diese Weise noch hinter mich bringen, und wenn ich, wie jeden Tag nach dem Frühstück am Klo meinen Dienst versah und die vom Kot verschmierten Muscheln reinigte, da fühlte ich mich tatsächlich mehr als beschissen ...
***
Eine kleine Story vom Heer muss ich aber dennoch hier einbauen, weil sie zeigt, dass der Heeresdienst auch ohne Ernstfall einigermaßen gefährlich sein konnte. Noch vor dem Einrücken hatte ich mir einen Fiat gekauft. Einen 600er. Ich verdiente als junger Schriftsetzer-Geselle gut und bekam schon im vierten Lehrjahr mehr ausbezahlt als so mancher Geselle in einem anderen Beruf. Deshalb der Kauf dieses nicht allzu teuren Gebrauchtwagens. Eigentlich wollte ich mir ja einen Opel Kapitän zulegen. Älteres Modell, aber toll anzusehen. Der hätte genauso viel gekostet, wäre aber doch um einiges kostspieliger in der Erhaltung gewesen. Mit meinem Sold beim Heer nicht machbar. Deshalb der Kauf des Fiat und dazu die folgende Story, sieht man dabei doch wie schnell sich das Leben grundlegend verändern könnte - auch wenn man dazu nicht wie die Ami-Soldaten in Afghanistan oder im Irak ihren Kopf fürs Vaterland hinhalten muss.
Bei uns wurde nicht scharf geschossen, außer an Freitagen, wenn wir etliche Kilometer zum Schießstand marschiert sind. Mit Bergschuhen und Gamaschen daran, den Spaten umgehängt, und natürlich mit der "Soldatenbraut", dem Sturmgewehr. Auch der Stahlhelm durfte nicht fehlen. Und beim Marsch hin zu der Schieß-Stätte hieß es immer wieder:
"Sprung vorwärts - decken!"
Keinesfalls zu unserer Freude - auch wegen der Blasen an den Füßen, weil wir bei diesen Märschen ja doch einige Stunden unterwegs waren. Etliche Meldungen waren zu machen, bis die Munition ausgefasst war und wir die Sturmgewehre in Position bringen konnten. Das Schießen auf die Scheiben war eigentlich das Schönste bei der ganzen Angelegenheit. Gefährlich nur für sich eventuell in der Nähe befindliche Wanderer, weil die Gewehre ja doch an die tausend Meter weit schossen. Und wenn einer von uns einmal total daneben ballerte, dann Gnade all jenen, die sich in dieser Schusslinie befanden. Doch normalerweise sind Schießstände so angelegt, dass sich im engeren oder weiteren Umfeld keine Menschen befinden konnten. Also keine Gefahr. Für uns Soldaten schon gar nicht. Doch zurück zum Fiat und zu diesem relativ gefährlichen Erlebnis.
Es war Freitag am späten Nachmittag und mit dem Urlaubschein in Händen eilte ich nochmals zurück in die Unterkunft, holte mein Gepäck fürs Wochenende, stopfte die Schmutzwäsche in einen Sack und schon richteten sich meine Schritte hin zum Parkplatz, auf dem mein 600er stand. Mit mir war ein Kollege von der Ausbildungskompanie gekommen. Er wohnte nur wenige Kilometer von meinem Heimatort entfernt und fragte mich, ob er mitfahren dürfe.
"Kein Problem. Kannst mitfahren."
Keiner von uns ahnte jedoch, wo wir nach beinahe zwei Stunden Fahrt sozusagen "zwischenlanden" sollten.
Der Tag war regnerisch, die Straßen glitschig und seit kurzem war auch Nebel eingefallen. Wir fuhren zügig dahin und erfreuten uns an der Musik aus dem Autoradio, das mir erst vor kurzem ein Freund eingebaut hatte. Das Radio war mit keiner Automatik versehen, und so mussten wir an den Knöpfen drehen, um diesen oder jenen Sender aufzuspüren. Kein Problem, der Rudl neben mir erledigte das bestens. Doch jetzt - wir fuhren soeben durchs Gesäuse mit aufragenden Bergwänden, vielen Kurven und der engen Fahrbahn - jetzt fiel ein Sender nach dem anderen aus. Zu schwacher Empfang.
"Ich bring nichts mehr hinein", mein Bundesheer-Kumpel.
"Ich versuchs selber", griff zum Knopf und drehte ein wenig daran. Weil ich jedoch nur Rauschen vernahm, deshalb schaute ich kurz hin, wo der Zeiger stehen würde. Dann fiel mir ein, dass hier zwischen den Bergen vielleicht die Mittelwelle besser funktionieren könnte und stellte den Schalter von UKW auf MW. Zwischendurch musste ich natürlich wieder auf die Fahrbahn blicken. Dann wieder zurück zum Radio - und auch weiter am Knopf drehen.
"Wie geht's dir?" - ich mit leiser Stimme.
"Bin o.k.", der Rudl. Er hauchte die Worte mehr, als dass er sie aussprach.
Wieder ich: "So eine Scheiße! Das Auto ist wohl hin!
Keine Antwort vom Beifahrersitz. Das Licht leuchtete dumpf an den Hang. Der Motor war abgestorben und es herrschte eine wahre Totenstille. Dann ich - nach etlichen Sekunden des Schweigens:
"Ich steig jetzt aus. Wir hängen irgendwie an der Böschung."
"Werd ich auch versuchen."
Beide öffneten wir unsere Türen und wenig später standen wir neben dem Auto. Meine Knie waren weich wie Butter und heftig blies ich die Luft aus meinem Inneren.
Ich:"Bist du wirklich o.k.?"
Er: "Hab mir nur ein wenig den Kopf angestoßen. Haben scheinbar Glück gehabt."
Ich klopfte meinem Heeres-Kollegen auf die Schulter: "Tut mir leid. Aber ich konnte ihn nicht mehr abfangen."
Er: "Das Auto scheint soweit in Ordnung zu sein."
Ich: "Gibt's den das? Es hat uns ja richtig von der Straße gedreht."
Beide standen wir im Halbdunkel neben dem Fiat, die Schnauze schaute die Böschung hinauf zur Straße und mit dem Heck hatte es uns auf einen Haufen mit zusammengeschnittenen Ästen gesetzt. Links und rechts von uns standen Bäume.
Was war geschehen?
Ich hatte am Knopf gedreht und einen Sender gesucht, dabei kurz von der Straße weggeblickt, hin zum Autoradio. Dann wieder einen Blick auf die Straße gemacht. Neblig und düster war das Wetter und schwarznass der Asphalt. Und die Straße kurvenreich. Wieder drehte ich mit der rechten Hand am Sendersuch-Knopf und schaute kurz dorthin. Endlich hatte ich einen Sender gefunden.
"Na Rudl, was sagst?"
Ich frohlockte, hatte es also doch geschafft. Irgendwo musste doch ein bisschen Musik hineinzukriegen sein.
Er: "Du kennst dich eben besser beim Radio aus als ich."
Ich: "Man darf nur nicht zu schnell aufgeben." Ich lachte und drehte mich dabei zu ihm hin, wollte ihm ins Gesicht schauen.
Er: "Aufpassen!"
Ich blickte zurück auf die Straße und sah, dass ich auf einen Randstein zufuhr. Erschrocken latschte ich auf die Bremse, riss am Lenkrand und wollte dagegen steuern, um den Randstein nicht mitzunehmen.
Dann ging es Schlag auf Schlag:
Ich hatte um eine Spur zu sehr dagegen gesteuert und war außerdem zu wuchtig auf die Bremse gelatscht. Der Fiat scherte hinten aus, ich steuerte dagegen, brachte meinen Fuß jedoch nicht mehr von der Bremse und schon drehten wir uns auf der nassen Fahrbahn. Zwei, dreimal um die eigene Achse, dann krachten wir die Böschung hinunter.
Wir hatten unglaubliches Glück gehabt, weil wir rechts die Böschung hinunterkippten und nicht links. Da wären wir vermutlich in der Enns gelandet, und dieser Fluss führte zu dieser Zeit etliches an Wasser mit sich. Uns drehte es rechts hinunter, dazu noch exakt zwischen zwei Bäumen hindurch und wir krachten mitten auf einen von der Straßenmeisterei zusammengetragenen Haufen aus Ästen, Laub und Abfällen. Irgendwo waren wohl auch Glasscherben dazwischen, weil ich Glas splittern hörte.
Im ersten Moment dachte ich, dass alle Scheiben am Fiat zersplittert wären, aber keine einzige war kaputt gegangen. Nur eine Beule war neben dem Türgriff an meiner Seite zu sehen. Damit hatte ich wohl einen Rand-Pflock aus Holz gerammt.
Mit noch weichen Knien hielten wir wenig später zwei Autos an und auch dabei hatten wir Glück. Vier starke Männer und sogar zwei Frauen halfen uns, das Auto wieder flott zu kriegen. Die Böschung war nicht allzu steil und zu acht schafften wir es irgendwie, den Fiat wieder auf die Straße zu bringen. Nachdem der 600er wieder auf der Straße stand, sprang der Motor sogar wieder an. Nach einigen Startversuchen. Der Rudl hat sich wieder neben mich, gesetzt und wir sind weitergefahren. Den vierten Gang hab ich nicht mehr gebraucht. Und meine Knie? Die waren tatsächlich weich wie Butter ...