Ein Reich, das Menschen mit ihren Sinnen nicht wahrnehmen können. Ein Reich, das unendlich zu sein scheint, allgegenwärtig und doch unfassbar. Und auch der Allmächtige selbst, der Schöpfer allen Werdens, Seins und Vergehens scheint aus einer Art Licht zu bestehen, das in einem imaginären Raum leuchtet.
Dieses Licht leuchtete hell, als sich der Allmächtige mit seiner Rede an den im Saal versammelten Schöpfungsrat wandte:
"Als wir, ich gemeinsam mit meinen engsten Vertrauten, vor unendlich vielen Jahren diesen Planeten Erde geschaffen haben, da wollten wir ein besonderes Kunstwerk entstehen lassen. Ein Kunstwerk, das unserer Vorstellung von ständigem Werden, Sein und auch wieder Vergehen entsprechen sollte. In zig Millionen Jahren entwickelte sich die Erde hin zu einer einerseits festen und andererseits auch jederzeit veränderbaren Form. Einer Form aus gasförmiger Sanftheit bis hin zu extremer Härte von Metallen und Gesteinen. Eine Kugel, die wie ein Ballon durch das Weltall segeln sollte, schwebend und doch exakt fixiert. Ein Kunstwerk unserer Schöpfung, das wir nach und nach mit Leben anreichern wollten und das in vielen Millionen von Jahren aus dieser Urmaterie entstehen sollte.
Wir haben dieses Samenkorn ins unendliche Universum gestreut und seine Entwicklung verfolgt, ohne maßgeblich in dieses ständige Werden, Sein und auch wieder Vergehen einzugreifen. Jetzt scheint es jedoch an der Zeit zu sein, die Lage auf diesem Planeten ernsthaft zu überdenken, denn die Erde scheint tatsächlich in Gefahr zu sein, von den Menschen, aber auch von außerirdischen Wesen, die sich in anderen Sonnensystemen angesiedelt haben, zerstört zu werden."
Es folgte eine Pause, die die Bedeutung dieser Worte zu vertiefen schien. Doch dann vernahm man eine fragende Stimme, die sich an den Chef wandte.
"Das Projekt Erde hat bei uns schon mehrmals zu Diskussionen geführt, weil einige Mitglieder aus unserem Schöpfungs-Rat der Meinung waren, dass wir bewusst in das Geschehen auf diesem Planeten eingreifen sollten, doch die Mehrheit entschied stets dagegen und wir blieben bei dem einst gefällten Beschluss, dass alles Werden, Sein und Vergehen auf diesem Planeten der Materie und den Bewohnern einzig und allein selbst überlassen bleiben sollten. Verehrter Vorsitzender, was geschieht auf dieser Erde, dass Sie jetzt ein Eingreifen von unserer Seite für notwendig erachten?"
Als der Schöpfer vorhin gesprochen hatte, war ein heller Schein durch den Saal gedrungen. Hell und doch nicht grell oder gar störend, eher war es eine Art Licht, die Menschen als warm und wohltuend beschreiben würden. Beim Ende seiner Worte erlosch dieses Licht wieder. Ein ähnliches Licht war bei den Worten eines der Ratsmitglieder zu erkennen gewesen. Nicht ganz so hell und nicht so dominant. Nach dieser Frage erlosch dieses Licht, und das größere Licht ging wieder an.
"Bevor ich näher auf die momentane Situation eingehe, will ich einen kurzen Rückblick über die Entstehung dieses Planeten und seine Entwicklung machen. Ich bitte um Fragen, wenn etwaige Unklarheiten bei meinen Ausführungen auftreten sollten. Viele von uns haben ja in ganz anderen Bereichen ihre Aufgaben zu erfüllen, und nur einige wenige hier Anwesende sind auf den Planeten Erde spezialisiert. Auch ich musste mich erst wieder genauer informieren und mein Augenmerk speziell in letzter Zeit vermehrt diesem Problem zuwenden."
Das Licht leuchtete wieder hell, und angenehm warm strahlte es Besinnlichkeit, Ruhe und Geborgenheit aus, als der Allmächtige fort fuhr:
"Vor Milliarden von Jahren haben wir diesen Planenten geschaffen. Doch es dauerte eine Unzahl von Jahren, bis erstes Leben nach und nach entstehen konnte. Wir haben bei der Schöpfung den Samen für die Entwicklung dieses Kunstwerkes gestreut, und von da an sollte alles von selbst seinen weiteren Lauf nehmen. Über viele, viele Epochen ging das sehr gut, und es entstand eine wunderbare Vielfalt auf diesem Planeten. Eine Vielfalt an Leben, aber auch eine Vielfalt von konstanter, sich kaum verändernder Materie alles zu einem großen Ganzen vereint. Jedes noch so kleine Rädchen fügte sich in bestmöglicher Weise in die stets fortschreitende Entwicklung allen Werdens, Sein und Vergehens ein und alles schien in einem wunderbaren Gleichklang vor sich zu gehen. Bis vor kurzem dieses Gleichgewicht durch die Dominanz der Menschen und ihrer Art zu leben empfindlich gestört wurde."
Das Licht erlosch und für einige Momente herrschte Dunkelheit. Dann ging wiederum ein Licht an. Wieder ein kleines, nicht allzu helles Licht, und ein weiteres Ratsmitglied meldete sich zu Wort:
"Wie sollen wir das verstehen? Womit wurde dieses Gleichgewicht sozusagen aus der Bahn geworfen?"
Das kleine Licht erlosch und das große, warme Licht ging wieder an. Auch die Stimme des Schöpfers war wieder deutlich zu vernehmen:
Als ich den Auftrag gab, den Planeten zu erschaffen, da war mir klar, dass jedes auch noch so kleine Teilchen dieser Schöpfung ein Stück benötigte, das auch das entsprechende Gegenstück aufweisen musste, um ein Funktionieren der Evolution und ein bestmögliches Zusammenspiel aller Kräfte zu ermöglichen. Nur mit diesen Kräften von Werden und Vergehen, von Pol und Gegenpol konnte diesem Kunstwerk eine besondere Stabilität und auch eine beständige Entwicklung auf seinem langen Weg mitgegeben werden."
Wieder wurde es dunkel und kein Laut war zu vernehmen. Schuld hatten die nicht allzu leicht verständlichen Worte, die der Allmächtige von sich gegeben hatte. Es dauerte eine bisschen, dann erklang eine Stimme und auch das dazugehörige Licht war deutlich zu sehen:
"Vielleicht denkt die Mehrzahl der Ratsmitglieder wie ich. Ich kenne aus unserem Bereich keine solchen Gegensätze. Bei uns gibt es keinen Anfang und kein Ende. Hier kenne ich auch kein Werden und Vergehen, bei uns besteht alles aus einem einzigen Sein im Hier und Jetzt und auf alle Ewigkeit. Bei uns gibt es keine Arten von Pol und Gegenpol, kein Empfangen und Geben. Deshalb ersuche ich um nähere Erklärung all dieser Bereiche, die anscheinend für das Bestehen des Planeten Erde so wichtig zu sein scheinen."
Das kleine Licht war noch nicht richtig erloschen, als bereits das große zu leuchten begann, und sich der Allmächtige wieder zu Wort meldete:
"Ich danke für die Anfragen und ersuche, dies weiterhin in vollem Umfang zu tun, wenn meine Ausführungen zu Unklarheiten führen. Es ist mir klar, dass es noch zahlreicher Erläuterungen zu diesem Thema bedarf. Vor allem bei jenen, die nicht in die Entstehung des Planeten Erde eingeweiht wurden, weil ihre Aufgaben in anderen Bereichen des Universums angesiedelt sind. Doch ich habe den geistigen Rat unserer Schöpfung bewusst vollzählig einberufen, weil ich auch Anfragen und Anregungen aus Kreisen erhalten will, die diesen Planeten und all das Geschehen darauf neutral sehen und nicht emotional damit verbunden sind, wie ich das durchaus bin ist dieser Planet seit seiner Erschaffung doch zu einem ganz besonderen Anliegen von mir geworden. Er sollte sogar zu einer Art Krönung der Schöpfung für mich werden. Doch das sei nur nebenbei erwähnt. Jetzt einige Erklärungen zu den Fragen von vorhin.
Der Planet Erde wurde von mir ganz bewusst mit Gegensätzen von ständigem Werden und Vergehen, mit Für und Wider, Pol und Gegenpol, Licht und Dunkel, Wärme und Kälte, Dürre und Feuchtigkeit, aber auch mit Sinn und andererseits Unsinn versehen. Ohne diese Eigenschaften gäbe es keine Vielfalt auf der Erde, gäbe es keine Entwicklung und keinen Fortgang der Dinge. Damit schafften wir eine Art Versuchsstadium mit unendlichen Möglichkeiten einer beständig voranschreitenden Entwicklung, die wir als Evolution bezeichnen."
Das Licht erlosch diesmal nicht, doch zum bereits bestehenden Licht gesellte sich eine andere Lichtquelle, und eine Stimme meldete sich zu Wort:
"Die Menschen. Viele von uns sind nicht exakt über ihren Ursprung, ihre Präsenz und ihr Wirken auf diesem Planeten informiert. Verehrter Vorsitzender, können Sie uns eine kleine Übersicht über diese Wesen vermitteln?"
Das kleine Licht erlosch, das große, helle trat dominant in Erscheinung und es ertönte wieder diese Stimme, die so gut und angenehm zu vernehmen war:
"Gerne komme ich diesem Wunsch nach. Möglich ist mir dies, weil ich mich in letzter Zeit mit diesem Problem beschäftigt habe. Vor allem, seit mir einige für die Menschen zuständige Beobachter aus unserem Rat mitgeteilt haben, dass die Entwicklung dieser Wesen für den Planeten Erde eine Form angenommen hat, die einerseits als beachtlich zu bezeichnen ist und durchaus unserem Kunstwerk gerecht zu werden scheint, die andererseits jedoch eine bedenkliche Entwicklung genommen hat und diesen Planeten in die Nähe einer möglichen Apokalypse bringt. Doch dazu später. Zuerst will ich kurz über die Entstehung dieser Wesen berichten und auch einige Worte über ihre Verbreitung auf dem Planeten. Sollten dazu Fragen auftauchen, so bitte ich mich jederzeit zu unterbrechen, um diese Fragen zu behandeln."
Der Schöpfer schien sich bewusst zu sein, dass sein Bericht über die Menschen, ihre Entfaltung und ihr Wirken einige Diskussionen unter den Ratsmitgliedern auslösen würde. Noch dazu, wo diese menschlichen Wesen ja Hauptverursacher für die Einberufung des Schöpfungsrates darstellten. Das Licht schien bei den letzten Worten des Allmächtigen noch heller zu leuchten, als er seine Rede fortsetzte:
"Als sich vor vielen, vielen Jahren die einstige Urform und Materie des Planeten soweit verändert hatte, dass kleinste Lebewesen auf der Erde entstehen konnten, da war von den heutigen Wesen, die wir als Menschen bezeichnen, noch lange nichts zu bemerken. Erst nach vielen, vielen Millionen von Jahren startete ich ein Experiment mit einer Lebensform, aus der nach und nach ein auf der Erde dominantes Wesen entstehen sollte. Es war ein besonderes Anliegen von mir, ein derartiges Experiment auf diesem Planeten durchzuführen, weil ich sehen wollte, wie sich Lebewesen entwickeln würden, wenn wir sie mit einer Gabe ausstatten, die nicht, wie bei allen anderen Lebewesen, einzig und allein auf instinktgemäßen Erhaltungs- und Fortpflanzungstrieb, sondern zudem mit Formen des Fühlens und Denkens versehen sind."
Das große Licht leuchtete schwächer, vielleicht erwartete der Schöpfer zu dieser Ausführung Fragen aus dem Schöpfungsrat. Und so war das dann auch: Ein Licht ging an und eine Stimme war zu vernehmen:
"Sie haben also ganz bewusst ein Lebewesen mit anderen Gaben ausgestattet als all die anderen Arten von Leben auf diesem Planeten? Warum haben Sie die Menschen auf eine andere Stufe als die aller anderen Lebensformen auf der Erde gestellt?"
Viele kleine Lichter gingen jetzt an, ganz schwach leuchteten sie allerdings nur, als von diesen Positionen aus ein der Frage entsprechendes beifälliges Murmeln zu vernehmen war. Der Vorsitzende räusperte sich kurz, ehe er antwortete:
"Es sollte ein Versuch sein. Ein Versuch mit dem Ziel, herauszufinden, in welche Bereiche diese mit solch außergewöhnlichen Gaben ausgestatteten Wesen im Laufe der Evolution hinfinden würden. Wie weit könnte eine fortschreitende Entwicklung diese Lebewesen bringen, und wie weit würden sie sich leltztlich dadurch von allen anderen Lebewesen auf diesem Planeten unterscheiden. Warum ich eine einzige Art von Millionen der unterschiedlichsten Lebewesen auf dem Planeten Erde über alle anderen Lebensformen gestellt habe, dazu sollte ich Ihnen am besten meine Gedanken aus der Zeit der Entstehung mitteilen, die ich in letzter Zeit allerdings stark revidieren musste. Dennoch, ich wollte ein Wesen schaffen, das wir in der Endform seiner Entwicklung tatsächlich als Wunderwerk der Schöpfung betrachten könnten."
Eine kurze Pause entstand, dann ging plötzlich ein Licht an, ein Licht aus den hinteren Reihen der Versammelten, und mit einer kräftigen Stimme meldete sich ein Ratsmitglied zu Wort:
"Verehrter Vorsitzender, ich bin als nicht dem Planeten Erde zugeteilter Abgeordneter zu dieser Versammlung einberufen worden, in der es ja vornehmlich um die Menschen und ihr Wirken geht. Doch Ihre Worte machen mich neugierig und ich ersuche Sie, uns die Entwicklung dieser Lebewesen an Hand einiger Beispiele vor Augen zu führen. Wie haben sie sich entwickelt, warum wurden schon mehrmals Ausschüsse zu einem eventuellen Eingreifen in diese Entwicklung einberufen und warum sind Sie schließlich doch noch zur Meinung gekommen, dass ein Eingreifen von Ihrer Seite notwendig ist?"
Das Licht erlosch und es folgte wiederum eine kurze Pause, in der der Schöpfer nachzudenken schien. Dann war wieder dieses wunderbare Leuchten zu sehen, und die Stimme des Schöpfers drang angenehm und deutlich hörbar durch den Raum:
"Mir schwebte bei der Errichtung des Planeten vor, Lebensformen zu gestalten, die sich den Umständen des Planeten und seinen Gegebenheiten mit Wasser, Gasen und festen Stoffen anpassen und sich immerfort und zum Wohle aller Lebensformen weiterentwickeln sollten. Dieses zum Wohle aller Lebensformen möchte ich dabei besonders betonen. Und noch etwas: Jegliche Entwicklung sollte zudem stets in der Form verlaufen, die nicht nur für ein Gleichgewicht auf dem Planeten sorgen, sondern auch ein harmonisches Zusammenspiel aller Kräfte ermöglichen sollte. Auch habe ich alle Lebewesen und auch die Pflanzenwelt mit Gaben ausgestattet, die dafür sorgen sollten, dass sich alles Leben auf dem Planeten nicht nur ständig weiterentwickeln, sondern auch den sich ebenfalls verändernden Formen innerhalb dieses Planeten anpassen sollte, um damit ihre Gattung nach Möglichkeit am Leben erhalten zu können. Wobei ich bewusst nicht in diese Entwicklungsformen eingreifen wollte, wie ich ja bereits sagte. Was in manchen Bereichen zu einem Erlöschen, andererseits jedoch auch zu neuem Werden hinführen würde. Nur einem einzigen Wesen auf dem Planeten gab ich besondere Gaben mit auf seinem Entwicklungsweg, mit deren Hilfe es nach und nach zum Dirigenten unter allen anderen Orchestermitgliedern werden sollte, um diesem riesigen Orchester auf dem Planeten letztendlich zu einem wunderbaren Wohlklang zu verhelfen."
Wieder folgte eine kurze Pause, das große Licht leuchtete allerdings merkbar schwächer als zuvor.
Plötzlich und beinahe zeitgleich gingen mehrere Lichter im Saal an aus verschiedenen Ecken begannen sie zu leuchten. Womöglich wollten sich alle gleichzeitig zu Wort melden. Wie ein Diskussionsleiter griff der Vorsitzende ein:
"Jeder soll hier zu Wort kommen. Doch einer nach dem anderen! Das am stärksten leuchtende Licht bitte zuerst!"
Seit jeher wurde im Schöpfungsrat dieses Prinzip angewandt, dass jenes Licht am stärksten leuchten sollte, wo der Inhalt des zu Behandelnden unter den Mitgliedern das meiste Interesse auslösen würde. Auf diese Form hatte sich der Schöpfer mit dem Rat geeinigt und diese Vorgangsweise führte dazu, dass das wichtigste Thema den Vorzug vor anderen Wortmeldungen erhielt. So war es auch diesmal. Ein Licht leuchtete besonders hell und dazu meldete sich die dazugehörende Stimme:
"Wie die von uns mit dem Planeten Erde Betrauten bereits wissen, ist dieses Experiment in vielfacher Form gründlich daneben gegangen! Der Dirigent Mensch hat seine Rolle anscheinend nicht zum Wohle der anderen Orchestermitglieder zu nützen verstanden. Anstatt zu einer wohltuenden Harmonie und zu einem Wohlklang hinzufinden entstand durch sein Wirken in vielen Fällen exakt das Gegenteil, und vom einstigen Gleichklang und Gleichgewicht auf dem Planeten ist so gut wie nichts übrig geblieben. Die Menschen haben in egoistischer Form von Selbstsucht und Unvernunft den Planeten an den Rand der Zerstörung gebracht. Sehr geehrter Vorsitzender, warum konnte so etwas geschehen?"
Beifälliges Gemurmel war zu vernehmen, wozu auch die dazugehörenden Lichter kurz aus vielen Bereichen des riesigen Saals aufleuchteten, ehe das große Licht wiederum voll in Erscheinung trat:
"Ein guter Einwand und eine gute Frage, die ich gerne beantworten will. Doch lassen Sie mich zuerst noch einige Worte zur weiteren Entwicklung der Menschen verlieren.
Die ursprüngliche Form der Menschen unterschied sich kaum von einigen sie umgebenden Lebewesen, die in ihrem Aussehen und ihrer Art zu leben viele, viele Jahre hindurch mit ihnen in einer Art Gleichklang einhergingen. Doch die menschlichen Gaben vor allem des Denkens, aber auch starke Gefühle formten sich beständig weiter aus und führten die Menschen schließlich auf einen Weg, um mit Hilfe dieser Gaben aktiver und erfolgreicher in ihrer Umgebung zu wirken. Die Menschen erfanden Hilfsmittel zur besseren Bewältigung ihres Lebens, und sie, die einst von anderen Lebewesen in ihrer Ausbreitung eingeschränkt und gejagt wurden, sie entwickelten sich nach und nach selbst zu Jägern und Zerstörern. Was sie jedoch grundsätzlich von allen anderen Lebewesen mit Selbsterhaltungs-Jagdtrieb unterschied sie jagten nicht wie diese ausschließlich zum Nahrungserwerb.
Der Schöpfer hielt kurz inne, als wollte er nachdenken, ehe er mit seinen Betrachtungen über die Menschen fortsetzte:
Vor allem die Gefühle der Lust und der Neugierde entwickelten sich bei den Menschen immer stärker und führten sie auf Pfade, die sie schon bald deutlich erkennbar von allen anderen Lebewesen auf dem Planeten unterschieden. Ihr Dasein wurde nicht mehr vom Instinkt allein geregelt, sondern all ihre Handlungen wurden immer stärker von zwei Hauptlinien bestimmt: einer Linie des Denkens und einer des Fühlens. Abwechselnd oder auch gleichzeitig von beiden Einflüssen getrieben führte sie diese Art ihres Handelns schließlich hin zu einem Dasein, mit dem sie in vielen Bereichen eine Art Chefrolle über alle anderen Lebensformen annahmen und sich immer mehr zu dominanten, außergewöhnlichen Lebewesen entwickelten. Weil sie jedoch, wie alle anderen Formen auf dem Planeten auch, von Pol und Gegenpol bestimmt waren, deshalb entwickelten sie sich nicht nur in eine ganz bestimmte Richtung, sondern und das war letztlich der Schwachpunkt in meiner Konstruktion, den ich damals allerdings nicht bedachte immer auch in die entgegengesetzte Form."
Diese Worte des Vorsitzenden hatten die vorangehenden Fragen noch keineswegs behandelt, und dennoch versuchte der Schöpfer vorerst den Ratsmitgliedern einige allgemeine Betrachtungen zu den Menschen zu Ohren zu bringen. Sein Licht leuchtete weiter hell und stark, als er fort fuhr:
"Wir im Reich der Schöpfung kennen keine derartigen Gefühle, wie sie die Menschen dominant in ihrem Erbgut mit sich führen. Zum Teil ganz gewaltige Gefühle, die ihr Denken und ihre Handlungen oftmals bestimmen. Uns umgibt einzig und allein das unendliche Sein im immerwährenden Gleichklang der Vernunft und des Wissens einer allgegenwärtigen Allmacht und Unvergänglichkeit unserer einzig und allein auf das Wohl des Universums ausgerichteten Handlungen. Die Lebewesen auf dem Planenten Erde jedoch sind mit Werden Sein und Vergehen ausgestattet und mit all jenen Voraussetzungen, die ein solches Werden, Sein und Vergehen ermöglichen. Alles Tun und Lassen ist ausschließlich darauf aufgebaut, wobei dieses Werden, Sein und Vergehen, wie ich bereits berichtet habe, einer ständigen weiteren Entwicklung in ihrem unmittelbaren Lebensbereich untergeordnet ist. Soweit ganz allgemein.
Es folgte eine kleine Pause, in der der Schöpfer sich auf seine nachfolgenden Erklärungen zu konzentrieren schien. Dann fuhr er fort:
"Ich versuche ihre Fragen zu beantworten. Als erstes. Sie haben gefragt, warum sich der für den Planeten Erde zuständige Ausschuss der Ratsmitglieder bereits mehrmals zusammengesetzt hat, um über ein mögliches Eingreifen in diese Entwicklung der Menschen zu entscheiden. Schuld war zweifellos eine teilweise Fehlentwicklung dieser menschlichen Lebewesen. Wobei ich hier besonders betonen möchte, dass es eben nur eine teilweise Fehlentwicklung gab. Eine Entwicklung, die auf einen ganz gravierenden Unterschied zu allen anderen Lebewesen zurückzuführen war. Alle anderen Gattungen von Leben entwickelten sich weiter, indem die stärkste und demnach auch lebensfähigste Art für die Fortpflanzung der Gattung verantwortlich war. Das war bei allen Tieren, aber auch in der Pflanzenwelt so konstruiert, und dieses Prinzip garantierte ein möglichst geradliniges Voranschreiten der Gattung, die sich ausschließlich durch Veränderungen der sie umgebenden Umwelt eventuell selbst in einen Zustand damit bedingter angepasster Veränderungen bringen konnte. Zuständig für diese artgerechte Entwicklung war das ihrem Instinkt angepasste Handeln, und dieses Handeln in allen ihren Lebensbereichen führte sie geradlinig auf ihren Pfaden von Werden Sein und Vergehen dahin. Bei den Menschen war das anders. Auf Grund ihrer besonderen Gaben, mit denen ich sie ausgestattet hatte, entwickelten sie sich auf zwei unterschiedlichen Ebenen: Einerseits auf einer des Denkens und andererseits auf einer des Fühlens. Und diese beiden Entwicklungsebenen waren maßgeblich für all ihre zukünftigen Handlungen, wobei sich diese Handlungen in verschiedenster Art und Weise in alle erdenklichen Richtungen hin bewegten."
Der Schöpfer hielt kurz inne in seinen Ausführungen und das Licht fing an zu flackern, ehe es wieder mächtig aufleuchtete, als er die Ratsmitglieder weiter informierte:
"So wie sich die Tier- und Pflanzenwelt in unzählige Arten immer weiter entwickelte, ebenso entwickelten sich die Menschen in vielfältiger Weise. Doch nicht wie die Tier- und Pflanzenwelt in einer für ihre Erhaltung bestmöglichen Form. Aus den Menschen entstand auf Grund ihrer von Gefühlen und ihrem Geist bezogenen Art, wie sie die Fortpflanzung untereinander betrieben, zwar ebenfalls ein Gemisch aus unterschiedlichsten Formen, doch die einst ins Leben gerufene Gattung Mensch wich ab von allen anderen Formen der Fortpflanzung auf diesem Planeten.
Der Allmächtige hielt kurz inne, dann sprach er weiter:
Das Abweichen von den Prinzipien aller anderen Lebewesen, dass nur die besten und stärksten der Gattung für eine Fortpflanzung in Frage kämen, dieses Abweichen führte sie schließlich hin auf einen Weg der unendlichen Vielfalt. Nicht nur, was das Aussehen betraf, sondern auch was in wesentlich größerem Ausmaß die Formen des menschlichen Fühlens und Denkens beeinflusste. Geistig in gewaltige Höhen strebende Erscheinungen wurden auf diese Art und Weise ebenso gebildet, wie sich andererseits auch exakt das Gegenteil verbreitete. Dort, wo sich eine Verästelung von tiefen Gefühlen am stärksten ausbildete und dominant in Erscheinung trat, genau dort wurde aus diesem Grunde dem Denken in all seinen Bereichen ein Hemmschuh entgegengesetzt. Das entsprach wiederum dem Wesen von Pol und Gegenpol auf diesem Planeten. Die großen Denker hatten ein gewisses Defizit an Gefühlen zu tragen, und die gefühlsmäßig Bevorzugten mussten zum Ausgleich bei ihrem Denkvermögen Abstriche hinnehmen."
Das große Licht erlosch, der Schöpfer legte eine Pause bei seinen Betrachtungen über die Menschheit ein, und er erwartete zu seinen Ausführungen Fragen aus dem Schöpfungsrat, wobei ihm durchaus bewusst war, dass er vorhergehende Fragen noch nicht beantwortet hatte. Doch dieses Thema vom Fühlen und Denken hatte momentan Vorrang. Überdies wusste er, dass Fragen dazu und seine Antworten darauf ohnehin zu einer Abklärung der noch ausstehenden Bereiche führen würden.
Zwei, drei Lichter leuchteten auf, und die Stimme, die zum am stärksten leuchtenden Licht gehörte, kam zu Wort:
"Großer Meister der Schöpfung. Mich interessiert vor allem das angesprochene Gebiet der Fortpflanzung. Sie haben erwähnt, dass die Menschen einen anderen Weg dabei eingeschlagen haben als alle anderen Lebensformen auf dem Planeten. Können Sie uns Näheres dazu sagen?"
Das Licht erlosch und das große, helle erstrahlte von neuem:
"Ein heikles Thema. Doch ich will versuchen, diese Frage nach Möglichkeit zum Verständnis aller Anwesenden zu beantworten. Obwohl dies ein umfassendes Gebiet ist, das ich nicht mit einer Antwort allein abzuhandeln in der Lage bin.
Einige Sekunden herrschte absolute Stille im Saal, dann fuhr der Schöpfer mit seinen Ausführungen fort:
Am Beginn seiner Entstehung und seiner Entwicklung unterschied sich der Mensch kaum von seinen ihn umgebenden Arten von Lebensformen. Vor allem nicht bei der Art der Fortpflanzung wie sie bei den Tieren seit eh und je betrieben wurde und immer noch betrieben wird. Wie ich bereits erwähnte, beanspruchte allein der Stärkere, Gesündere diesen von Instinkten und Trieben bestimmten Fortpflanzungsvorgang für sich. Natürlich mit Ausnahmen, die jedoch allesamt früher oder später von der Gattung selbst zum Erlöschen gebracht wurden, und nur die stärksten und gesündesten Lebensformen jeder Gattung konnten sich auch weiterhin erfolgreich am Leben erhalten und sich weiter entwickeln. Schwächliche Nebenformen jeder Gattung starben von selbst aus oder sie wurden von den Hauptformen der Gattung zu einem solchen Absterben gebracht. Mit dieser Art von Zeugung und auch von Selektion ging eine größtmögliche erfolgreiche Lebensform der jeweiligen Gattung einher. Mischformen kamen zwar hin und wieder vor, doch nur starken und gesunden Mischformen gelang der Weg hin zu einer Erfolg versprechenden weiteren Entwicklung. Dieses Prinzip der Fortpflanzung habe ich allen Lebewesen auf ihrem Weg mitgegeben, und das durch Triebe bedingte und über Instinkte geleitete Handeln dieser Wesen war allein maßgebend für die Einhaltung dieses Weges.
Anders der Mensch. Bei ihm gab es einen Dreiklang von Instinkt, dem Denken und auch dem Fühlen. Vorerst dominierte der Instinkt über die zwei anderen Richtungen, und die Menschen entwickelten sich wie alle anderen Lebensformen ohne entscheidende Abweichungen aus der Gattung selbst. Doch in unzähligen Jahren bildeten sich die zwei von mir dem Menschen mitgegebenen Gaben des Denkens und Fühlens immer stärker aus und drängten die angeborenen Instinkte immer mehr in den Hintergrund. Der Mensch entwickelte sich langsam, aber dennoch stetig von einem Instinkt geleiteten Wesen hin zu einer denkenden und fühlenden Art. Das war durchaus in meinem Sinne und wäre weiter nicht schlimm gewesen, hätte dieses Denken und Fühlen das Prinzip einer geradlinigen Fortpflanzung des Stärkeren und Gesünderen nicht zunehmend beeinflusst und schließlich auf Wege geführt, die die Gattung Mensch bedrohlich nahe an den Abgrund einer degenerativen Lebensform drängte."
Das große Licht flackerte wiederum bei diesen Worten des Schöpfers. Ganz augenscheinlich war das immer dann der Fall, wenn die Bedeutung des Gesagten damit noch stärker hervorgehoben werden sollte. Der Allmächtige legte wiederum eine kurze Pause ein, die nützte eine Stimme aus dem Schöpfungsrat, um eine Zwischenfrage zu stellen:
"Sie haben doch bewusst dieses Anderssein bei der Entstehung der Menschen angestrebt. Wenn Sie jetzt von einer Entwicklung sprechen, die die Menschen auf Grund ihrer Fortpflanzungsgewohnheiten in Gefahr brachte, so erlaube ich mir die Frage, ob Sie nicht Bescheid über diese Gefahren wussten, die damit verbunden waren?"
Das dazugehörende Licht war hell und die Stimme gut vernehmbar. Doch irgendwie schien bei dieser Frage Kritik mitzuklingen. Jetzt flackerte das große Licht bereits am Beginn der folgenden Antwort:
"Ich muss Ihnen hier zustimmen, und ich verstehe auch den Anflug von Kritik, der bei Ihren Worten mitklingt. Vielleicht hätte ich tatsächlich von meinen Gaben der Vorsehung Gebrauch machen sollen, dann wären vermutlich den Menschen und dem Planeten dieser gefährliche Weg und diese unheilvolle Entwicklung erspart geblieben. Doch ich wollte bewusst ein Wesen schaffen, das sich von all den Millionen anderer Lebewesen deutlich abheben sollte. Ein Wesen, das diesen Planeten gestalten und ihm in vieler Hinsicht zu einer Blüte verhelfen sollte. Wofür vor allem der Bereich des Denkens verantwortlich sein würde. Und ich bin trotz aller damit einhergehenden Nebenerscheinungen dennoch in gewisser Weise stolz auf meine Konstruktion, die zumindest teilweise meine in sie gesetzten Erwartungen erfüllt hat."
Der Schöpfer legte nach diesen Worten wiederum eine kurze Pause ein, doch sein Licht blieb hell und leuchtete angenehm warm. Man spürte eine Atmosphäre von angespannter Erwartung, in der sich die Ratsmitglieder zu befinden schienen. Auf diese vorerst eher allgemeinen Betrachtungen über den Menschen würde der Schöpfer jetzt wohl auf die bereits angesprochenen Probleme näher eingehen. Noch ehe er weiter sprechen konnte, leuchte wiederum ein Licht aus einer der hinteren Reihen auf und eine Stimme erklang:
"Verehrter Vorsitzender, warum kam es zu diesem anscheinend doch gewaltigen Unterschied bei der Entwicklung des Menschen, inwiefern wirkten diese zwei Arten des Fühlens und Denkens auf die Fortpflanzung dieser Gattung Mensch ein und wodurch wurde eine harmonische und geradlinig verlaufende Entwicklung gestört?"
Dem Schöpfer war klar, dass immer wieder Fragen auftauchen würden, die kurzfristig zu beantworten wären, weil sie ganz einfach zum momentan aktuellen Thema gehörten. Fragen, die damit eine Art Vorrang gegenüber bereits gestellten Fragen erhielten und die zu beantworten der Schöpfer durchaus bereit war, ohne sich dabei von seinem Grundkonzept abbringen zu lassen. Deshalb kam auch gleich seine Antwort:
"Das Fühlen und Denken dieser Wesen spaltete ihr Fortpflanzungs-Verhalten in zwei Richtungen, wie ich das bereits erwähnt habe. In Millionen von Jahren entwickelten sich diese zwei Richtungen immer stärker und, wie ich ebenfalls vorhin erwähnt habe, wurden die ursprünglich mitwirkenden Instinkte dadurch immer mehr in den Hintergrund gedrängt, ohne jedoch gänzlich zu verschwinden. Für die allermeisten Handlungen der Menschen waren folglich nur noch das Denken und Fühlen verantwortlich. Doch es war die Konstruktion des Für und Wider, das von Anfang an für die Entstehung und Entwicklung des Planeten Erde Pate gestanden hatte, die dafür sorgte, dass nur eine dieser Gaben die Vorherrschaft übernehmen könnte. Deshalb musste sich ein Teil dem anderen unterordnen, womit allerdings die ersten echten Probleme für die Gattung Mensch begannen."
Der Schöpfer hielt kurz inne, vielleicht dachte er, dass wiederum eine Frage aus dem Schöpfungsrat käme. Doch kein Licht war zu sehen, alle Anwesenden schienen gespannt auf weitere Ausführungen des Schöpfers zu warten. Deshalb fuhr er fort:
"Diese beiden den Menschen von mir mitgegebenen Gaben traten nun in einer Art Konflikt untereinander auf eine jede wollte die Vorherrschaft über die andere erringen. Vorerst bei allen Menschen im etwa gleichen Ausmaß, und es entstand eine dem Menschen nicht immer zum Wohle gereichende Rivalität um diese Vorherrschaft. Mit diesem Problem behaftet entwickelten sich die Menschen plötzlich in verschiedene Richtungen. Einerseits entstanden die starken Denker, und auf der anderen Ebene diejenigen Wesen, deren Handeln eher von Gefühlen bestimmt wurde. Und auf dieser Bandbreite bildeten sich immer mehr Zwischenformen aus, die entweder vom Denken oder von ihren Gefühlen dominiert wurden. Und einige dieser Gefühle dominierten schließlich und übernahmen in zerstörerischer Art und Weise die Vorherrschaft und waren ausschlaggebend für die weitere Entwicklung der Menschen. Einer Entwicklung, die sie zu beinahe unglaublichen Leistungen in Wissenschaft und Kunst befähigte, doch andererseits führte dieser Weg schnurstracks auf einen Abgrund zu."
Der Vorsitzende schwieg und sein Licht flackerte bedenklich. Dann wurde es wieder hell.
"Vor allem deshalb habe ich mich entschlossen, jetzt und zum ersten Mal in diese Entwicklung bewusst einzugreifen! Und noch etwas: Ich werde auch meine Gabe, in die Zukunft sehen zu können, diesmal mit in meine Pläne einbauen, um dieses einst von mir geschaffenes Kunstwerk doch noch in geordnete Bahnen lenken zu können!"
Es folgte eine rege Diskussion, in der der Schöpfer auf die Gefahren hinwies, die auf den Planeten in letzter Zeit zugekommen waren. Auch wusste er mittlerweile von den Aktivitäten der Außerirdischen, und noch bei dieser Sitzung des erweiterten Schöpfungsrates wurden die ersten Maßnahmen zur Rettung seines Kunstwerkes Erde beschlossen. Immer wieder leuchteten dazu die Lichter in den verschiedensten Stärken auf und viele Fragen wurden gestellt und diskutiert. Wie es schien, stand dem Planeten Erde eine weitgehende General-Restaurierung bevor.
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Wer sich dafür interessiert, wie es mit der Erde nach dem Eingreifen des Schöpfers weitergeht, der sollte den utopischen Roman "Himmels-Boten" von hh farnhell lesen. Dieser ist in Arbeit und wird voraussichtlich im Frühjahr 2011 als Buch und/oder Hörbuch erscheinen.
PS.: Der Autor sucht einen geeigneten Verlag für diesen Roman über die Zukunft der Menschheit. Interessenten mögen sich per e-mail an die Kontakt-Adresse des Autors wenden.