Natürlich fängt auch dieses Märchen so an. Doch es war nicht nur einmal, wird man später vielleicht einmal sagen, es ist so und hat sich tatsächlich so begeben. Wie eben alles, was wir an Märchen in unser Leben gestellt bekommen, wahr ist. Oder vielleicht nur wahr sein könnte. Ich überlass das allen, die diese Story lesen und die darüber vielleicht ein bisschen nachdenken, ob das hier Behauptete wirklich wahr sein könnte.
Also fangen wir an. Es begab sich im vorigen Jahrtausend. Ja wirklich, obwohl dieses Märchen noch keineswegs tausend Jahre alt ist. Doch die Geschichte begann im vorigen Jahrtausend, und zwar exakt im Jahr 1946. Und jetzt? Jetzt schreiben wir den 30. November im Jahr 2013. Ein echter Jahrtausend-Sprung dazwischen. Das fasziniert vielleicht nicht nur mich. Noch etwas fasziniert mich: Die Geschichte spielt sich nicht in einer Großstadt ab, hat nicht den Beigeschmack von Lärm, Beton und Menschenmassen an sich. Unsere Story von dem Wunder-Märchen der 13 Heilengel spielt auch nicht im Wiener Burgtheater oder am Broadway in New York oder an der Mailänder Scala. Sie findet in einer herrlichen Naturlandschaft statt mit Bergen, tiefgrünen Wäldern, rauschenden Bächen, wo oftmals nur die Schreie der Kolkraben die Stille durchbricht. Wenn die Wolken am Himmel gemächlich dahin ziehen wie eine Herde von Schafen auf duftenden Sommerweiden. Und dazwischen immer wieder die Sonne ihre Strahlen auf die Geschöpfe dieser Gegend nieder wirft. Auf die Rehe im Wald, die hoppelnden Hasen, Hirsche und Gamsböcke, ja auch Adler sind manchmal darunter und Eichhörnchen, Salamander, Mäuse und Bussarde, Turmfalken, Hunde und Katzen. Natürlich auch auf den Weiden verstreut Rindviecher mit bimmelnden Glocken um den Hals, wenn sie das Gras abnagen und der Klang der Kuhglocken lieblich an die Ohren der Menschen in diesem Dorf dringt. Natürlich gibt es diese Menschen neben allen möglichen Arten von Tieren. Den Forellen im Gebirgsbach, den Molchen in den Lacken auf den Almen, den Murmeltieren mit ihrem Pfeifen bei Gefahr, wenn der Jäger mit seiner Büchse und seinem Jagdhund unterwegs ist, und der Wind ein Lied dazu singt.
Im Tal läuten soeben die Glocken. Es ist 7 Uhr früh, und dieses Läuten sagt den Menschen, dass ein neuer Tag für sie begonnen hat. Ein Tag wie eigentlich jeder andere auch. Sofern es sich um Wochentage handelt und fleißige Menschen ihrer Beschäftigung nachgehen. Als Holzfäller, Förster, Tischler oder am Erzberg die Kumpels in die Stollen hineinfahren, um Eisenerz abzubauen. Um hier nur einige zu nennen. In diesem Tal gibt es auch Kleinbauern mit etwas Vieh und natürlich den Bäcker, den Fleischerladen und den Krämer, wo sich die Menschen mit allem Möglichen zum Leben eindecken. Doch an Sonntagen verwandelt sich der Ort total, wie sich oftmals in irgendwelchen Märchen Dinge verwandeln. Wenn Frösche zu Prinzen werden, Hänsel und Gretel ein Knusperhäuschen mitten im Wald entdecken oder der Esel sich streckt und er Silbertaler anstelle von stinkendem Mist ausscheidet. An Sonntagen ruht die Arbeit in diesem Ort, und die Menschen streben der hoch über der Ortschaft erbauten Kirche zu. Vor allem Frauen und Kinder gehen zur Messfeier, die Männer eher nur kurz ins Gotteshaus, um noch vor dem Opfergang ihre Schritte hin zum Kirchenwirt zu lenken, Karten zu spielen und das eine oder andere Getränk in sich fließen zu lassen. An diesem Sonntag geschieht noch etwas: Ein Knabe erblickt genau zum Klang der Kirchenglocken das Licht der Welt. Und von diesem Menschenkind handelt die folgende Geschichte, die mit dem Wunder-Märchen der 13 Heilengel endet
Ein Engel stand bereits kurz nach der Geburt des Knaben an seiner von seinem Vater eigenhändig geschnitzten Wiege. Es war der Schutzengel Gabriel. Ein starker, wunderschön anzusehender Engel mit gewaltigen Flügeln, einem Schwert, um damit all das Böse und alle Feinde und Gefahren, die den Knaben immer wieder bedrohten, abhalten zu können. Feinde hatte er weniger zu fürchten, und auch das Böse hatte kaum eine Chance, an ihn richtig heranzukommen. Wuchs der Bub doch in einem Milieu mit Beten und Danken auf, mit Ehrfurcht vor einem möglichen Schöpfer in einer Familie, wo nicht Lügen und Betrügen an der Tagesordnung stand, sondern wo gegenseitige Zuneigung und ein Glaube an das Gute und Schöne im Leben vorherrschte. Einem Leben in bescheidener Einfachheit, wo Feste und Feiern im Jahreskreis immer wieder Freude in diese zumeist stolzen und rechtschaffenen Menschen brachte. Dennoch hatte der Schutzengel Gabriel im Verlauf der Kindheit alle Hände voll zu tun, war der Knabe doch mit einem nicht alltäglichen Ausmaß an Übermut und einem ebensolchen Überschuss an Temperament bereits bei seiner Geburt ausgestattet worden. Was Gefahren nicht nur bei manchem Lausbuben-Streich, sondern auch bei etlichen waghalsigen Aktionen des Knaben richtiggehend anzog. Wenn er zum Beispiel ohne Sattel auf Pferden ritt, auf jeden noch so hohen Baum kletterte, um oftmals der Einzige zu sein, der sich in diese Höhe mit den dünnsten Ästen begab, um dann frohlockend auf seine Spielkameraden hinab zu schauen. Wenn er im reißenden Bach sein Mütchen kühlte, ohne Schwimmen zu können und den Fischen nachstellte, im Winter über selbst errichtete Schanzen sprang, stets darauf bedacht, der Weiteste zu sein und dabei nicht nur einmal die Schi in Stücke brachen. Wenn er sich in steile Felswände wagte, um so manche Traube Petergstamm zu pflücken, mit seinem aus alten Teilen zusammengebastelten Rad steile Wege hinabbrauste oder auf den Almen vor wilden Stieren reißaus nehmen musste, weil er sich zu nahe an diese heranwagte usw. usf.
Sein Schutzengel war also sehr oft gefordert, und dieser Schutzengel begleitete ihn und stand ihm sehr lang zur Seite. Immer wieder musste er seine Hand schützend über den nun bereits jugendlichen Knaben halten, der mit seinem Moped durch die Gegend brauste, dem Fußball nachjagte, nach hübschen Mädels schielte und seine Kräfte dann und wann nicht nur freundschaftlich mit Altersgefährten maß. Wovon manche Beule und manch blaues Auge zeugte. Er war eben ein bisschen anders als die meisten seiner Weggefährten. Ein bisschen wilder, verwegener. Bis ihm eines Tages die Liebe Fesseln anlegte und er jenen Weg einschlug, den Ehemänner in den meisten Fällen gehen. Weg von Liebschaften, weg von zu vielen gefährlichen Abenteuern. Hin zu einem eher schaumgebremsten Dasein mit vielen Freuden eines Familienlebens. Hin zu Pflichten, hin zum Du und weg vom nur über einen kurzen Zeitraum so wohltuenden Ich.
Die Engel? Die gab es sicherlich auch damals schon. Alle 12 anderen. Doch richtig in sein Leben mussten sie erst eingreifen, als dieses Leben eines schönen oder besser gesagt nicht so schönen Tages einen anderen Verlauf nahm, und aus unserem Sonntagskind mit einem Schlag ein Montagskind wurde. Bis jetzt funktionierte alles in seinem Leben gut bis sogar bestens. Doch wie bei einem über etliche Jahre benützten Auto fing auch seine Ehe nach und nach an, sich abzunützen. Wie das immer wieder zu sehen und zu erleben ist. Die Heil-Engel gab es zwar schon, doch ohne sie um ihren Beistand zu bitten, schreiten sie für gewöhnlich nicht ein. Beim Schutzengel ist das anders. Der hat unseren Knaben beschützt. So lang, bis man vergessen hat, ihn um seine weitere Hilfe zu bitten. Jetzt hätte unser in die Midlife-Crisis geschlitterter Mann eine solche Hilfe dringend benötigt. Doch niemand hat die Engel gebeten, einzugreifen. Warum? Weil niemand wusste oder ahnte, dass es diese Hilfen in allen Lebensbreichen gibt. Weil Engel immer helfen. Der Gabriel hatte sich verabschiedet und die anderen 12 Heil-Engel sahen zwar das Dilemma nahen, doch auch sie griffen nicht ein, ohne darum gebeten zu werden. Unser einst so glücklicher Mann ging einen Weg, den leider immer wieder viele Männer gehen: Er kam wie ein Autofahrer auf einer schneeglatten Fahrbahn von seinem Weg ab, eine junge Geliebte kam ins Spiel, die Ehe zerbrach, vier liebliche Kinder weinten und verstanden die Welt nicht mehr. Und die Heilengel sahen mit Entsetzen, wie das Leben dieses Mannes sozusagen den Bach hinunter rann. Die Sonne in seinem einst so frohen Inneren machte einem dichten Nebel Platz, und freudlos und depressiv irrte unser Mann durch sein weiteres Leben. Fazit: Er war nicht nur an seiner Seele, er war mittlerweile auch an seinem Leib ernstlich erkrankt. Der Krebs hatte sich wie eine Schlange in einen Mäusebunker in sein Leben eingenistet. Wie das immer wieder in ähnlich gelagerten Fällen zu beobachten ist, wenn Menschen ernsthaft erkranken, weil ihr inneres Licht herabgebrannt ist und nur noch Reste vom Docht und Russ vorhanden sind.
Doch jetzt beginnt dieses Wunder-Märchen mit den 13 Heilengeln erst richtig. Wie die Geschichte weitergeht, das bringen die nächsten Seiten ans Tageslicht.
Wenn Menschen die Diagnose Krebs in ihr Leben gestellt bekommen, dann geschieht zumeist Folgendes: Sie erbleichen in dem Augenblick, in dem sie von ihrem lebensbedrohenden Zustand erfahren. Es geht ihnen in etwa so, wie wenn ein Angeklagter in all jenen Ländern vor dem Richter steht, wo es noch die Todesstrafe gibt, und dieser Richter das Urteil verlautet: Ich verurteile Sie hiermit zum Tode! Egal, ob durch den Strang, den elektrischen Stuhl, durch Erschießen oder mittels einer Giftspritze. Der Richter weiter: Das Urteil wird demnächst vollstreckt! Ab diesem Augenblick schwindet jeder Mut bei vielen zu einem Krebsleiden verurteilten Menschen. Manche verfluchen Gott und die Welt, andere wieder weinen tagelang und sind untröstlich, weil sie wissen, bald sterben zu müssen. Wieder andere entzünden Kerzen, ziehen sich in Gotteshäuser zurück, beten und flennen und bitten den Herrgott, doch Gnade walten zu lassen. Und die Engel? Die greifen noch immer nicht ein. Warum? Weil sie nicht gebeten werden, einzugreifen. Manche der Todkranken überleben dennoch. Mit Hilfe der Medizin, mit Hilfe neuester Krebs-Behandlungsformen. Sie überleben mit vielen Mühen, mit vielen Bestrahlungen und einer Unzahl an Medikamenten einige Jahre. Doch viele, ja sogar die allermeisten Erkrankten sterben. Manche nach wenigen Wochen und Monaten, andere nach einigen Jahren. Dann und wann überlebt einer oder eine dieser Todgeweihten wirklich und wird gänzlich geheilt. Ein Wunder ist geschehen! Wodurch dieses Wunder geschehen ist, weiß niemand so recht. Es ist geschehen und das Leben dieser Geretteten ist vergleichbar mit dem Überleben von einigen Schiffbrüchigen, die eine gewaltige Schiffs-Katastrophe manchmal überleben. Eines meiner Lieblingsbücher handelt von Robinson Crusoe. Auch er hat überlebt und seine Überlebensgeschichte auf dieser einsamen Insel, und die nach Jahrzehnten erfolgte Rettung fasziniert mich nach wie vor. Weil sie aufzeigt, dass es in manchen glücklichen Fällen dieses Überleben gibt. Wenn, ja wenn überirdische Mächte eingreifen, um ein Zeichen zu setzen. Ein Zeichen ihrer Macht, ein Zeichen der Hoffnung, ein Zeichen des Verstehens der Nöte von uns Menschen, und dass wir darauf hoffen dürfen, dass unsere Bitten und Gebete erhört werden. Wenn wir den richtigen Draht finden, der uns läutert, unsere Arroganz vernichtet und uns demutsvoll und froh der gewaltigen Schöpfung gegenüber ab jetzt unser Dasein leben lässt.
Damit endet dieses Märchen mit meinen 13 Wunder-Heilengeln. Dem Raphael, Michael, Zadkiel, Zaphkiel, Uriel, Jophiel, Haniel, Sandalphon, Jafkiel, Chamuel, Gabriel, Metatron und Raziel. Irgendwann hab ich angefangen, an sie zu glauben, und dass sie mir helfen. Natürlich bitte ich sie täglich um ihren Beistand, natürlich danke ich ihnen für ihre Hilfen in meiner Angelegenheit. Natürlich weiß ich auch, dass es nicht selbstverständlich ist, eine Heilung zu erwarten und dass es vielleicht durchaus Gründe geben mag, sie dennoch zu verhindern. Auch das billige ich meinen Heilengeln zu und begebe mich hoffnungsvoll in ihre Hände. Was immer auch kommen mag. Rückschläge gibt es auch bei mir ab und zu. Und Zweifel an der Kraft meiner Heil-Wunderengel. Natürlich. Das macht die Sache erst spannend.
Meine einstige ganz große Leidenschaft duftete nicht wunderbar und bewegte sich graziös, lächelte dazu umwerfend und warf mir Blicke zu, die mich elektrisieren konnten. Auch das gab es zum Glück in meinem Leben. Meine ganz große Leidenschaft waren Schirennen, waren Hänge, auf denen Tore mit Flaggen standen, durch die ich mit größtmöglichem Einsatz brauste. Den Sieg vor Augen bei vielen Rennen. Doch hin und wieder stürzte ich oder hatte einen Einfädler und wurde disqualifiziert. Sehr oft stand ich am obersten Podest mit dem Pokal in der Hand und war happy. Wie dieses Rennen, wie dieses Märchen von den Wundern meiner 13 Heil-Engel ausgeht, das weiß ich nicht. Vielleicht stehe ich am Ende mit ihrer Hilfe wiederum am Stockerl und lache in die Menge. Könnte durchaus sein.
Womit Märchen beinahe immer enden ist folgender Spruch: Und wenn sie nicht gestorben sind , den gibt es auch hier bei mir. Wenn er also nicht gestorben ist, der Hans Hermann, dann lebt er womöglich noch ein paar Jährchen. Und mit ihm der Glaube an seine wunderbaren Heil-Engel