An den Anfang meiner Betrachtungen möchte ich diese kleine Geschichte aus meiner Kindheit stellen.
Wenn deine Zeit gekommen ist
Es ist dies die Geschichte von unserem Kater Mohrli. Mehrmals hatte er ja bereits Glück in seinem Katzenleben gehabt, damals, als ihn der Oberförster erschießen wollte oder nach dem Malheur mit den Küken, als er etliche Tage nicht nach Hause kam, weil ihn meine Mutter anscheinend doch recht eindeutig mit dem Besenstiel "verwarnt" hatte. Da humpelte er noch einige Tage durch sein Katzendasein. Doch die Zeit heilt zumeist alle Wunden. Sagt man zumindest. Den Mohrli hatten wir natürlich auch mitübersiedelt, und er miaute fürchterlich in der riesigen Schachtel mit den von meinem Bruder hineingestochenen Luftlöchern, in die er ihn gesperrt hatte, bevor der Fahrer den Motor anwarf.
Der Kater meines Bruders hatte sich nach anfänglichen Orientierungsschwierigkeiten beinahe ebenso gut in seiner neuen Umgebung eingelebt wie wir Buben. Zumindest hatte es den Anschein, denn er fraß nach etlichen Tagen wieder aus seiner Schüssel, er miaute zwar öfter und lauter als noch in Hieflau und seine Augen schauten manchmal so fragend aus seinem Katerkopf, vielleicht vermisste er eine wunderschöne Katzendame, die er jetzt einfach nicht mehr fand. Was wissen wir Menschen schon vom Leid eines Tieres? Vielleicht vermisste er in den ersten Tagen und Wochen seine vertraute Umgebung, vielleicht die Tiere im Stall, die Pferdekutschen, unter denen er sich so gerne versteckt hatte. Was weiß ich. Wenn er allzu kläglich miaute, streichelte ihn mein Bruder immer sehr lang und danach fühlten sich beide wieder besser. Irgendwann war der Mohrli wieder der "Alte" geworden, stapfte erhobenen Hauptes durch die Gegend, legte uns die eine oder andere Maus vor die Haustür oder machte ein geruhsames Nickerchen auf der Ofenbank. Er schien wieder zufrieden mit seinem Dasein und schnurrte glückselig, wenn wir ihn streichelten. Vielleicht hatte er eine neue Bekanntschaft gemacht, wer weiß, denn es gab ja auch in Radmer hübsche Katzendamen. Doch dann kam dieser unglückselige Tag, der eigentlich noch gut begonnen hatte.
Schon zeitig am Morgen, als der Tag sein erstes Licht mit dem Dunkel der Nacht austauschte und einige Nebelschwaden über den Bach schwebten, um danach im Wald zu verschwinden, während mein Bruder und ich noch fest schliefen, da saß mein Vater bereits am Küchentisch. Vor sich eine Schale mit Malzkaffee und eine große, schwarze Pfanne, in der gelb der Polenta brutzelte, den meine Mutter soeben vom Herd geholt hatte. Mein Vater liebte diese Speise aus gemahlenem Mais, aufgekocht in siedendem Wasser und mit etwas Milch und Schweineschmalz versehen. Sie spendete ihm Kraft für die Mühen des Tages und schon sehr bald danach sah man ihn die Hüttentür öffnen, nach der Sense langen und ab ging's auf die Wiese. Jetzt war die ideale Zeit zum Mähen, weil der Tau noch auf den Halmen der Gräser und an den Blüten der Wiesenblumen hing, deren Köpfe durch die Kälte der Nacht gebeugt waren. Vielleicht ließen sie aber auch deshalb ihre Köpfe so traurig hängen, weil sie merkten, dass sie in wenigen Minuten abgemäht am Boden liegen würden und niemanden mehr mit ihrer Blütenpracht erfreuen konnten. Freuen würden sich nur noch unsere Geißen, wenn die einstige Blütenpracht getrocknet im Dunkel ihrer Mägen verschwinden würde. So schnell geht das oftmals im Leben ...
Später, als wir Buben bereits größer und damit auch kräftiger waren, da mähten wir an der Seite unseres Vaters an manchem Abend, wenn der Mond bereits hinter den Bergen hochstieg oder manchmal auch bei Tagesanbruch. Mir hatte mein Vater dazu eine Sense mit einem kürzeren Holzstiel gerichtet, und das Mähen machte mir echt Spaß. An diesem Morgen mähte mein Vater allein und mit kräftigen Schwüngen fuhr die Sense durchs Gras und streckte jeden Halm, der ihr zu nahe kam zu Boden, und so mancher Hase hüpfte im wilden Zick-Zack davon, um nicht unters Messer zu kommen. Ab und zu vernahm man das Schleifen des Wetzsteins über das Sensenblatt, wenn mein Vater zuerst mit einem Büschel abgeschnittenen Grases die Sense reinigte und dann den Wetzstein aus dem mit Wasser gefüllten Kuhhorn zog und zügig über die Sense strich, damit diese wieder besser schneiden würde. Die Sonne steckte noch hinter den Bergen, als er mit dem Mähen fertig war, und er sich mit der Sense auf der Schulter wieder der Hütte näherte. Danach ging er zur Brunnhütte, zog das Hemd aus und ließ das kalte Wasser über Kopf, Arme und Oberkörper rinnen, bevor er sich notdürftig abtrocknete. Dann beugte er sich unter den Wasserstrahl und nahm einen ordentlichen Schluck von diesem köstlichen Nass zu sich. Zum Schluss stülpte er sich ein trockenes Hemd über, setzte seinen Hut auf und ab ging es zur Arbeit auf die Säge, während wir Buben soeben aus unseren Betten gekrochen waren und ihm vom Balkon aus nachwinkten.
Später, als wir bereits in der Schule waren, verteilte meine Mutter das geschnittene Gras mit einer Gabel möglichst gleichmäßig am Boden, damit die Sonne mit dem Trocknen beginnen konnte. Es war ein heißer Sommertag, ich weiß es noch ganz genau, und ich hatte eigentlich vor, nach der Schule auf unserem Fußballplatz dem Ball nachzujagen, doch noch ehe ich richtig daheim angekommen war, sagte meine Mutter, dass ich schnell etwas essen solle und dann mit ihr auf die Wiese gehen müsste. Was soll's? Mussten die Jungs eben ohne mich spielen. Spaß machte mir das Heuen keinen und mit einem Rechen machte ich mich auf den Weg zur Wiese. Mit dem Bus um vier Uhr kam mein Bruder von der Hauptschule zurück, wenig später auch mein Vater von der Arbeit auf dem Sägewerk nach Hause. Das Futter war mittlerweile getrocknet und mit unseren Rechen und Gabeln trugen wir das Heu zu größeren Haufen zusammen. Dann wurde eine Plache daneben aufgelegt, das Futter daraufgegabelt, die Plache mit Hilfe der Stricke kreuz und quer zusammengebunden, die Riesenladung dem Vater auf Kopf und Schultern gehoben und ab gings damit in den Heustadel. Bis auch der letzte Halm in der Tenne verschwunden war.
Und genau dort saß er, kurz bevor es dunkel wurde. Oder, besser gesagt, er lag dort. Entdeckt hatte ihn mein Freund Rudi, aufgeregt lief er zu mir in den Hof.
"Hermann, der Mohrli, komm schnell!"
Ich saß müde von der Schufterei auf der Hausbank und sah den beiden Mädels zu, wie sie mit ihren Puppen spielten. An der Vorderfront des Hauses hatten sie allerlei Puppengeschirr ausgebreitet. Die Erna hatte ihre dunklen Haare zu einem Zopf zusammengebunden und die Gerti sah witzig aus mit ihren Schwänzchen links und rechts und den weißen Maschen daran.
"Was sagst?"
Ich hatte nicht richtig hingehört. Rudi zupfte mich am Ärmel und war ganz aufgeregt: "Der Mohrli, komm schnell, der spuckt so komisch ..."
Jetzt erst begriff ich, was er meinte, und wir liefen zum Stall. Tatsächlich, da hockte der arme Kerl und hustete und würgte und ein grünlich-weißer Schaum tropfte aus seinem Maul. Wir schauten ein bisschen zu, dann liefen wir zurück zum Haus. Ich, so schnell ich konnte die Stiegen hinauf zu unserer Wohnung, wo mein Bruder bei seinen Hausaufgaben saß.
"Du, der Mohrli ..."
Schneller hatte mein Bruder seine Schulsachen wohl kaum jemals weggelegt als jetzt, und schon sausten wir die Stiege hinunter, hin zum Kater. Mit zitternden Händen und aschfahl im Gesicht hockte mein Bruder vor seinem Kater und versuchte ihn sogar noch ein wenig zu streicheln. Inzwischen war mein Vater gekommen, besah sich die Sache, schüttelte den Kopf und sagte zu uns, dass wir den Kater nicht angreifen dürften, man könne ja nicht wissen, was für eine Vergiftung er hätte. Dann schickte er uns Buben weg, er würde sich jetzt selbst um ihn kümmern. Nach einiger Zeit kam der Vater wieder und sagte zu uns, dass er den Mohrli in den Stall gesperrt hätte und eine Schale Milch dazu. Mit etwas Glück würde er davonkommen.
Am Abend lag mein Bruder in seinem Bett, ich daneben in meinem. Er hatte seine Hände gefaltet und ich hörte ihn leise sagen:
"Bitte, lieber Himmelvater, lass meinen Mohrli wieder gesund werden!"
Auch ich faltete meine Hände und dachte an den armen Kerl im Stall.
Manchmal verlässt auch den Glücklichsten das Glück und meinem Bruder liefen die Tränen über die Wangen, als wir seinen Kater am nächsten Tag hinter dem Stall vergruben. Tierarzt konnten wir uns damals keinen leisten, einen solchen holte man aus Großreifling nur in den allernotwendigsten Fällen. Wenn etwa eine Kuh ernsthaft erkrankt war oder eine Sau, kurz vor dem Abstechen, um nicht das Fleisch zu verlieren. Aber bei einer Katze? Mein Bruder bastelte ein Holzkreuz und steckte es auf den kleinen Erdhügel und beinahe täglich lagen frisch gepflückte Wiesenblumen darauf.
Natürlich trauerte nicht nur mein Bruder um seinen Kater, auch mir fehlte er an allen Ecken und Enden. Vor allem am Morgen, beim Aufwachen vermisste ich ihn sehr, hatte ihn doch unsere Mutter immer zur Tür hereingelassen, damit er uns wecken sollte. Dann sprang der Kater mit einigen Sätzen in unser Schlafzimmer, und weil wir Buben in einem Doppelbett schliefen, lag der Kater schon sehr bald mitten im Bett bei uns und schnurrte freudig, wenn unsere Bubenhände über sein Fell streichelten.
Jetzt war er nicht mehr hier.
Doch wenn man Glück hat, dann gibt es für jeden Verlust einen Ersatz. Alles ist natürlich nicht ersetzbar, manches ist sogar niemals mehr auch nur annähernd ersetzbar, doch bei der Katze hatten mein Bruder und ich Glück. Einige Häuser weiter hatte eine Katzendame Junge bekommen und vier winzige "Knäuel" liefen eines Tages hinter ihr des Weges. Wir Buben bettelten unsere Eltern an, ob wir nicht eines dieser Katzenjungen haben dürften. Wir durften! Die Nachbarn waren froh, ein Kätzchen an den Mann gebracht zu haben, und wir suchten uns das dickste Junge aus, einen putzigen kleinen Kerl, schwarz wie unser Mohrli, mit weißen Pfoten, und schon sehr bald war er der Liebling von uns allen. Stundenlang konnten wir mit ihm spielen, und wenn er tollpatschig hinter uns herlief oder uns seine kleinen Krallen ein wenig ins Fleisch bohrte, wenn wir ihm zu nahe an den Pelz rückten und ihn deswegen schimpften, den Zeigefinger hoben und "du Schlimmer!" sagten, dann fauchte er ein wenig und zeigte uns seine Zähnchen. Unser Kinderherz lachte und wir erfreuten uns an unserem neuen Liebling.
Schon sehr bald war er zum Star in der Familie geworden und sogar mein Vater setze ihn sich manchmal auf den Schoß und streichelte den kleinen Kerl. Irgendwie erinnerte er uns an den Mohrli. Und höchstwahrscheinlich hatte er sogar seine Gene in sich. Wo der Mohrli doch schon seit eh und je ein großer Verführer war ...
***
Der Mohrli war also ein Opfer geworden. Er starb an einer Vergiftung in den besten Jahren ...
Müssen auch wir zukünftig in den besten Jahren gehen oder wird uns ein langes Dasein mit Krankheit und Siechtum aufgebürdet?
Und unser wunderbarer blauer Planet? Siecht auch er langsam seinem Ende zu?
Oder gibt es auch da diese "Neugeburt" wie bei unserer Katze?
Gibt uns der Schöpfer eine Chance oder sind wir die Letzten unserer Spezies, bevor die "Gifte" ihr grausames Werk vollenden ...?
Wie steht es ganz allgemein um uns Menschen? Haben Wohlstand und Fortschritt nicht nur zahlreiche Tiere und viele Naturvölker ausgerottet, siechen auch Anstand, Moral, Demut und Bescheidenheit unheilbar dahin?
Gibt es eine Rettung zumindest für unsere Seelen oder ...
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Diese Fragen werde ich bei meinen Visionen für die Zukunft des Planeten Erde zu beantworten versuchen und die Antworten von mir, aber auch von interessierten Lerser/Innen ins Netz stellen.
Auch im Menü"wünsche" können Sie Ihre Meinung zu vielen Fragen über den Zustand der Menschen, der Tiere und Pflanzen mittels Leserbrief veröffentlichen. Zum Nulltarif. Bei mir gibt es keine "Fallen" und Betrügereien.
Wenn Sie spezielle Texte aus den jeweils erkenntlichen Menü-Bereichen anfordern, dann gibt es einen minimalen Lesebeitrag fürs Zusenden einzuzahlen. Problemlos und ohne den geringsten Aufwand.
Denn nur von Luft und Wasser allein kann auch ein Autor nicht leben. Oder von der Liebe!
Übrigens: Die ist die aller-gefährlichste "Seuche" dieser Welt. Für schwerst Infizierte gibt es kein Entrinnen ...
Auch darüber werden wir uns unterhalten (müssen).
Noch etwas zum Schluss: Den Menü-Punkt "erotic" habe ich bewusst aus dem Netz genommen. Mit einigen durchaus erquicklichen erotisch gefärbten stories. Vor allem die wurden verstärkt angeklickt. Die gibt es eventuell auf Anforderung. Wobei mir vorschwebt, auch im erotischen Bereich einige visionäre Gedanken anzubringen, wenn es darum geht, wie sich das Sexualverhalten und die damit einhergehenden Gefühle der Menschen weiter entwickeln könnten...
Das wärs einstweilen von mir mit einem abschließenden "farnhell-slogan":
Nicht nur den einen oder anderen Leser, nein - Millionen - wünsche ich mir bei "visionen" ...